wie die Mathematiker sich die Funktionen zurechtgeschnibbelt haben

Einer der zentralen Begriffe der Mathematik ist die "Funktion", die eine spezielle Art der Zuordnung ist.

Deshalb erstmal eine Erklärung der Zuordnungen:

man kann alles zu allem zuordnen bzw.

(schon mathematisch gesagt)

also z.B.

(Hier ist ein Einschub zu den Zuordnungspfeilen  nötig:

vielleicht war es mir früher schonmal bewusst, habe ich es inzwischen aber wieder vergessen. Vielleicht fällt es mir aber überhaupt erst jetzt

[nach meiner Lehrertätigkeit und damit zu spät]

auf:

die Schwierigkeiten einiger Schüler mit Zuordnungen und dann auch Funktionen liegen vielleicht u.a. darin begründet, dass Zuordnungspfeile in der Mathematik genau "andersrum" benutzt werden, als man es im Alltag tut.

Ein Beispiel:

Deshalb hat er die Kinder aufgefordert:

"Liebe Kinder, geht doch bitte mal alle zu eurer Mutter."

Die wohlerzogenen Kinder haben dieser Bitte dann auch umgehend entsprochen, sind also zu ihrer jeweiligen Mutter gegangen

,

so dass sie hinterher so standen:

Da sind die Kinder also auf ihre jeweilige Mutter zu gegangen, und entsprechend haben die Pfeile dann auch zu den Müttern hin gezeigt.

Leider zeichnen die Mathematiker die Pfeile aber genau andersrum, wenn sie den Müttern ihre Kinder zuordnen, nämlich nicht auf die Mütter, sondern auf die Kinder zu:

Mathematikern ist aber die Möglichkeit, alles zu allem zuzuordnen, aus mehreren Gründen viel zu kompliziert:

  1. gehen da zu viele Unbekannte bzw. persönliche Eigenarten ein: "warum sind viele BMW-Fahrer so dick?", "wieso liebt dieses Kleinkind gerade jenes Kuscheltier?"

Folgerung:

(Schul-)Mathematiker interessieren sich nur für Zuordnungen von Zahlen zu Zahlen:

                     Zahlen (aus der Zahlenmenge A)                       
Zahlen        (aus der Zahlenmenge B)

also z.B. die Zuordnung

also z.B.   4                                                                                          = 0,25

also z.B.    3                                                                                          9

Dabei bleibt natürlich alles Individuelle auf der Strecke, denn da wird dann z.B.

17 49

Wer da die außergewöhnliche Schuhgröße 49 hatte (und weshalb), ist überhaupt nicht mehr erkennbar.

Mehr noch: auch das Zuordnungsergebnis geht unter bzw. wird entwertet (ist nichts besonderes mehr), denn früher oder später ist nicht mal mehr erkennbar, dass es um Schüler und Schuhgrößen ging. Genauso gut könnte Lehrer Nr. 17 einen Intelligenzquotienten von 49 haben oder Atombombe 17 mit 49 Sprengköpfen versehen sein.

So gesehen hat Mathematik was Eiskalt-Abstrakt-Entwürdigendes.

(Oder ist sie doch "wertfrei" wie [angeblich] jede Technik?: z.B. mit einem Hammer kann man Gutes tun [das Foto eines geliebten Menschen befestigen], aber auch Böses [den Menschen erschlagen].)

  1. mögen Mathematiker keine Zuordnungen, die mehrdeutig sind: da fehlt´s ihnen an Klarheit, bzw. sie sind oftmals bis in die Grundfeste ihres Charakters nicht in der Lage, Mehrdeutigkeiten
(Hegels These/Antithese/Synthese bzw. die coincidentia oppositorum des Nikolaus von Cues)

auszuhalten:

(Wobei doch immerhin der Fairness halber erwähnt sei, dass die Mathematiker mittels der "fuzzy logic" längst "verschwommene", vielwertige Logiken entwickelt haben.)

Quadratzahl ihre Wurzel

gibt es eigentlich zwei zugeordnete Zahlen, nämlich z.B.

       9                    3                  [da            2 = 9]

und

       9                 - 3                  [da auch (-3)2 = 9].

Weil Mathematiker solch eine Zweideutigkeit nicht mögen

(und dann die Wurzel-Zuordnung keine Funktion mehr wäre; s.u.),

lassen sie einfach die zweite Lösung - 3 unter den Tisch fallen und für Wurzeln nur noch positive Zahlen (3 bzw. +3)  zu, also z.B.

ist eindeutig gleich +3 (und nicht auch -3)

Immerhin holen die Mathematiker die -3 mit einem hübschen Trick dann doch wieder "um die Ecke" rein:

- 3 = - (+3) = - ( ) = -

(Man beachte, dass dabei = + 3 positiv ist und bleibt und erst das Minus in  - daraus die negative Zahl - 3 macht.)


Erst wenn eine Zuordnung eindeutig ist, ist sie eine Funktion.

Die Eindeutigkeit kann man sich besonders gut anhand des folgenden Beispiels merken:

(nebenbei:

"Eindeutige Zuordnung" bedeutet bei Funktionsgraphen,

in werden dann x = 2 massenhaft y-Werte zugeordnet, nämlich z.B. y = 5, y = 6, y = 7, y = 8 und y = 9 (und alle Zwischenwerte);
in   werden dann z.B. x = 1 zwei y-Werte zugeordnet, nämlich y = 1 und y = 10,5.
3. Funktionen laufen nach einer einzigen Regel ab.

Eine Funktion ist eine Maschine, die jede für die Variable (meistens x) eingegebene Zahl demokratisch auf dieselbe Weise verarbeitet:


"Vor dem Gesetz sind alle gleich."
(oder sollten es sein)

(Allerdings kann man auch zwei verschiedene Funktionen wählen, von denen z.B. die eine nur die Wurzel zieht und die andere nur quadriert

  ,

und diese dann zu einer Gesamtfunktion zusammensetzen, indem man z.B. sagt, für negative Zahlen solle immer quadriert und für positive Zahlen immer die Wurzel gezogen werden:

Man sagt dann auch, die Gesamtfunktion sei "stückweise" durch unterschiedliche Funktionen definiert

[was allerdings im Schulunterricht kaum jemals vorkommt].)

4.: Funktionen sind nur von einer einzigen Variablen (meistens x) abhängig.

Z.B. wird die Fläche F eines Rechtecks berechnet als F ( Länge , Breite ) = LängeBreite.

Oder kurz: F (  l  , b ) =   l   • b .

Dabei bedeutet F (  l  , b ), dass die Fläche des Rechtecks

Wir können also

  1. entweder nur an der Länge drehen:                 
  2. oder nur an der Breite drehen:                         
  3. oder an Länge und Breite gleichzeitig drehen:

In allen drei Fällen wurde eine Verdopplung der Fläche von 20 cm2 auf 40 cm2 erreicht.

Wenn wir aber nur wissen, dass solch eine Verdopplung der Fläche erreicht wurde, wissen wir nicht, wie diese Verdopplung zustande gekommen ist:

    1. wurde nur an der Länge gedreht
    2. oder nur an der Breite
    3. oder an der Länge und der Breite gleichzeitig?

Eine Analogie macht klar, warum solche Unklarheit ungünstig ist:

angenommen mal, die Schaltung eines Fahrrads funktioniert (!) nicht mehr richtig. Dann können wir an zwei Schrauben drehen:

    1. vorne am Lenkergriff:
    1. hinten an der Nabe:
    1. an und gleichzeitig.

Angenommen nun mal, wir haben an und gleichzeitig gedreht (Fall c.).

(Oder genauer: erst an der vorderen Schraube und dann

[ohne zu überprüfen, ob das das Drehen vorne eine Verbesserung gebracht hat]

an der hinteren.)

Wenn das Drehen an beiden Schrauben zu keiner Beseitigung der Schaltprobleme geführt hat, bestünde die Möglichkeit, dass

Dann bemerken wir gar nicht die Verbesserung durch das Drehen an (Fall a.) - und suchen vielleicht nach einer anderen, evtl. gar nicht vorhandenen Fehlerursache.

Daraus folgt die alte Handwerkerregel:

Drehe nie an mehreren Schrauben gleichzeitig!
   
 

Bei Funktionen kommt hinzu, dass sämtliche Gesetze, die man im Unterricht kennengelernt hat

(also z.B. die pq-Formel , das Ableiten oder das Integrieren),

nur für Gleichungen funktionieren (!), in denen nur noch eine einzige Variable (meistens x) vorkommt!

Fassen wir also zusammen, wie die Mathematiker ihr Blickfeld immer weiter eingeengt haben :

(was allerdings bei der Lösung vieler mathematischer Probleme enorm hilfreich war):

0. Man kann
  • den Elementen einer beliebigen Menge A (z.B. Kartoffeln)
  • Elemente der beliebigen Menge B (z.B. Weihnachtsbäume) zuordnen.
   
1. Mathematiker interessieren sich nur für Zuordnungen
  • von Zahlen (aus der Zahlenmenge A)
  • zu Zahlen (aus der Zahlenmenge B).
   
2. Erst wenn eine Zuordnung eindeutig ist, ist sie eine Funktion.
   
3. Funktionen laufen nach einer einzigen Regel ab.
   
4. Funktionen sind nur von einer einzigen Variablen (meistens x) abhängig.