Realismus und Optimismus

 

"Non scholae sed vitae discimus — »nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir«. So prangt es noch über der Pforte so manchen deutschen Gymnasiums. Für das Leben? Schüler sehen das meist anders. Zumindest dort, wo keine akute Armut herrscht, lassen sich die wenigsten ihre Kindheit durch Reflexionen über ein Leben nach der Schule verleiden. Und das ist keinesfalls ein Phänomen der Spaßkultur unserer Tage. »Es ist ganz gegen den Charakter der Jugend, sich Vorstellungen zu machen, was sie in diesem oder jenem zukünftigen Fall würde erlernt haben müssen«, befand bereits der preußische Philosoph Friedrich Schleiermacher in seinen Grundzügen der Erziehungskunst von 1826. Nein, Schüler haben wirklich andere Sorgen als die Zukunft jenseits der nächsten Klassenarbeit. Sie lernen nicht für das Leben. Im günstigsten Fall lernen sie, weil sie der Unterricht interessiert, im ungünstigsten, um Sanktionen seitens der Erziehungsberechtigten zu vermeiden."
(Ulf von Rauchhaupt)

Oftmals grassiert eine einseitige Gegensätzlichkeit auch in methodischen Fragen: da sind

Schulpädagogik lässt sich nur schwer bewegen, und das hat seine mehr oder weniger guten Gründe:

  1. mag solche Schwerfälligkeit manchmal auf Denkfaulheit oder schlichter Gewöhnung beruhen (es fällt einem gar nichts anderes mehr ein);

  2. die "alten" Methoden sind ja so schlecht auch wieder nicht - wenn auch wohl einseitig;

  3. der Stoffdruck zerstört viele methodische Ansätze;

  4. im "Eifer des Gefechts", also bei einem Stundenkontingent von bis zu 26 Stunden zuzüglich Vorbereitung und den Korrekturbergen, haben KollegInnen schlichtweg gar nicht die Zeit (und den Kopf frei) für umfassende methodische Überlegungen.

(Das nämlich war ja schon oftmals der Nachteil des Referendariats: dass da

[Vermittlung konkreter stofflicher Probleme, Arbeitsbelastung, manchmal desinteressierte oder gar aufsässige SchülerInnen]:

man lernte Hochglanz- und Vorzeigestunden, die im Alltag so nicht durchhaltbar waren, und leider verloren viele nach dem ersten Praxisschock jeglichen Glauben an und Mut zu Neuerungsmöglichkeiten.)

Wenn man gleichzeitig

so wird man vor allem nach partiellen Verbesserungsmöglichkeiten suchen müssen:

  1. methodische Neuerungen vorerst nur in einzelnen Unterrichtsphasen oder Klassen
    (z.B.:

  1. möglichst kleine, ohne große Umstand (Vorbereitung) umsetzbare methodische Details, wie sie hier in den "Methödchen" angedacht und vorgeschlagen werden.

Realismus heißt auch, gegebenenfalls schonungslos Zwischenbilanz zu ziehen und neue Methoden nicht nur scheinbar, sondern auch mal grundsätzlich zu hinterfragen. Vgl. "mit Methode scheitern".

Optimismus hingegen bedeutet, dass ich mir in der Tat - zumindest phasenweise - einen wirklich ganz anderen Unterricht vorstellen kann. Vgl. "Selbstlernen radikal (und phasenweiser Ausbruch aus den Einheitslehrplänen)".