was ist Selbstlernen ?
Begriffseingrenzung
selbstreguliertes Lernen
In "Thesen und Fragen" waren schon differenzierende Fragen dazu gestellt worden, was Selbstlernen denn eigentlich sei.
Auch die meisten anderen Bezeichnungen wie etwa
Selbstverantwortlichkeit,
Selbstständigkeit,
Selbsttätigkeit und auch
selbstständiges Lernen bzw. Arbeiten sowie
eigenverantwortliches Arbeiten (EVA) und
freie Arbeit bzw. Freiarbeit
lassen alles offen bzw. sind letztlich nur banal
(und meist synonym, auch wenn es da fanatische Sekten gibt, die aus minimalen Unterschieden ein Glaubensbekenntnis machen).
Deshalb wird hier vorgeschlagen, das denkbare Spektrum grob dreizuteilen in
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Der zweifelsohne anspruchsvollste Teil in o.g. Begriffsdreiteilung ist sicherlich selbstentdeckendes Lernen. Ihm soll hier nicht weiter nachgegangen werden (vgl. weitere Gedanken dazu unter sowie ).
Auch nur kurz angeschnitten sei das "Allein"-Lernen":
Die Probleme dabei sind von mir anderweitig aufgezeigt worden (vgl. ). Dennoch macht solches "Allein"-Lernen natürlich oftmals Sinn:
damit SchülerInnen lernen, sich selbst zu helfen, aber auch "durchzubeißen" - und bei Erfolg auch Anlass zum Stolz auf wirklich eigene Leistungen zu haben,
zur Stärkung der Teamfähigkeit
(nochmals: wenn unter Allein-Lernen nicht [nur] solistisches Lernen, sondern die partielle Abwesenheit der Lehrkraft verstanden wird),und überhaupt als Alternative zum reinen Nachvollzug ("friss oder stirb") im Frontalunterricht.
Und "Allein"-Lernen ist sowieso erheblich häufiger möglich, als es üblicherweise praktiziert wird: Wenn die Lehrkraft sowieso nur (manchmal aus guten Gründen) am Lehrbuch entlang geht, kann sie auch genauso gut sagen: "Versucht doch bitte, euch die Lehrbuchpassage selbst aufzuarbeiten."
Zweierlei muss allerdings klar sein und bleiben:
"Allein"-Lernen kann und darf nicht den völligen Rückzug der Lehrkraft bedeuten (ein pures Sich-aus-der-Verantwortung-Stehlen); vielmehr muss das Procedere klar sein, in dem die Lehrkraft gegebenenfalls eben doch wieder erreichbar ist und wie sie dann hilft;
"Allein"-Lernen funktioniert sowieso nicht ohne klare Strukturierung; "jetzt macht das mal schön alleine" führt nur zu totaler Verunsicherung und Beliebigkeit (etwa so wie "jetzt sei doch endlich mal spontan"), und dann fragen die SchülerInnen bald verlässlich: "Können wir nicht wieder zum »normalen« [einzig wahren] Unterricht zurückkehren?"
Dennoch ist ab und zu die grundsätzliche Frage zu stellen, ob LehrerInnen dem Selbstlernen oftmals sogar eher im Wege stehen, als dass sie es befördern:
„Wenn die Meister aufhören zu lehren, werden die Schüler endlich lernen können.“ (Montesquieu)
Versuche in der Schweiz scheinen zu zeigen, dass die Abwesenheit des Lehrers sogar durchaus förderlich sein kann (vgl. „Mathematik im Selbstversuch“).
Zentralthema soll hier vielmehr sein:
Nun wären zwar weitere Unterscheidungen denkbar wie etwa in
Autodidaktisches Lernen Autonomes Lernen Self-directed learning | Self-organized learning Selbstbestimmtes Lernen Selbstgestaltetes Lernen | Selbstgesteuertes Lernen Selbstorganisiertes Lernen Selbstreguliertes Lernen |
(vgl. ), aber da steht zu befürchten, dass solch weitere Begriffsdifferenzierung letztlich nur spitzfindig wird (und dazu dient, nie zu Konsequenzen zu kommen?).
Vielmehr soll gefragt werden, was da denn von den Lernenden selbst reguliert werden soll bzw. welche Regulationsfähigkeiten sie erwerben sollen
(und nebenbei, was doch allzu oft übersehen wird: welche dieser Fähigkeiten sie vielleicht schon haben).
Schon vorweg ist klar, dass viele Fähigkeiten fächerübergreifend sind und eher ins Feld von "Lernen lernen" gehören. Bzw. jedes Fach (also auch die Mathematik) hat an diesem allgemeinen "Lernen lernen" mitzuarbeiten und darf nicht allein von der Fachlogik und den Fachinhalten aus gedacht sein.
Der Begriff des "selbstregluierten Lernens" ist zwar nicht neu, aber doch vor allem durch die -Studie ins Spiel gebracht worden
(beachte dazu
... und darin insbesondere Kapitel 6 "Selbstreguliertes Lernen" (S. 271 ff)
Eine erste Liste von Regulationsfähigkeiten
(wobei es natürlich keine Patentrezepte gibt:
einige Leute arbeiten nun mal am besten mit, die anderen ohne Musik im Hintergrund,
einige erzielen die besten Ergebnisse, wenn sie früh anfangen, andere laufen erst zu Hochform auf, wenn sie "auf den letzten Drücker" arbeiten).
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Schon allein wenn man diese nur vorläufige und stichpunktartige Liste sieht, wird einem überdeutlich klar,
wie schwierig und komplex selbstreguliertes Lernen ist,
dass es nur langsam gelernt werden kann,
dass viele Punkte davon im üblichen Schulunterricht völlig vernachlässigt werden
(wenn Schule das überhaupt alles vermitteln kann).
Bei allen genannten Punkten wäre zudem weiter zu fragen:
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Damit wird klar:
Aber nehmen wir uns nicht zu viel auf einmal vor, sondern fangen wir mit den wichtigsten Einzelfähigkeiten (dann aber konkret!) an! |
Eine interessante Frage dabei ist: Wir bilden uns ja alle ein, dass wir (im Gegensatz zu vielen SchülerInnen) inzwischen in der Lage sind, selbstreguliert zu lernen (immer schon waren?). Wenn das stimmt, wenn aber gleichzeitig der Unterricht auch schon zu "unserer" Zeit kaum darauf abgestellt war: Wo haben wir es denn dann dennoch gelernt? Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir es erst im Studium gelernt haben, also dann, als wir ins kalte Wasser der Selbstständigkeit geworfen wurden. Aber muss das heißen, dass man es nur auf diese brutale Tour lernen kann? Haben wir nicht auch darunter gelitten? Umgekehrt ist aber die Fähigkeit zu selbstreguliertem Lernen anscheinend ein langwieriger (lebenslanger?) Prozess, der mit der Schule keineswegs abgeschlossen ist, was immerhin auch den Vorteil hat, dass Schule nicht alles leisten muss (was heute ja leider zunehmend von ihr verlangt wird).
Gründlich zu erforschen wären auch die Grenzen der Selbstregulation:
Wann genau muss die Lehrkraft sagen: "hier besteht keine Wahl mehr, das muss gelernt werden",
und wann ist das nur Vorwand aus uralter Gewohnheit, Phantasielosigkeit (der Lehrkraft!) oder autoritärem Gehabe?
Manchmal zeugt es nur von phantasielosen letzten Abwehrgefechten des Frontalunterrichts, manchmal wird damit aber auch auf den Kern des Problems hingewiesen, wenn es heißt, "Anleitung zum selbstregulierten Lernen"
sei doch ein Widerspruch in sich,
ermuntere letztlich nur zum "Fahren ohne Führerschein".
Es muss also konkretisiert werden, wie den SchülerInnen Selbstregulationsfähigkeiten vermittelt werden.
Unterricht kann und soll nicht andauernd „selbstreguliert“ sein, bzw. andere (alte) Methoden (z.B. der gelungene Lehrervortrag, aber auch der „Frontalunterricht“) haben durchaus auch ihre Berechtigung.
Und es gibt auch notwendige (z.B. Übungs-)Phasen, in denen der Anspruch, sie seien ebenfalls „selbstreguliert“, nur eine Beschönigung wäre, die den SchülerInneN schnell als solche auffallen würde.
Weitere Quellen zu "selbstreguliertem" Lernen: