der pädagogische Anschlag auf die Kindheit
was mir fern liegt, ist jede Re-Romantisierung der Kindheit
Eltern spüren vermutlich ganz genau, was läuft: in Folge
der tatsächlichen oder angeblichen wirtschaftlichen Probleme
(Umverteilung von unten nach oben)
haben ihre Kinder kaum noch Chancen, so gut zu leben wie eben die Eltern.
Daraus folgt
(bzw. das wird den Eltern allüberall eingeredet),
dass man seine Kinder verzweifelt (vgl. ) und möglichst früh auf "Vordermann" bringen muss
(am besten schon im Mutterleib:
klassische Musik macht intelligent,
und einige amerikanische [!] Mütter üben schon im Mutterleib mit ihren Kindern das Rechnen!):
Experten fordern weniger Ferien und mehr Unterricht für alle. Ein Gespräch mit dem Berliner Bildungsforscher Dieter Lenzen
(es läßt sich ja zu jedem Problem ein "Experte" finden, der dazu endlich seine Meinung rausposaunen kann, und für die hier vorliegenden Ideen vergebe ich den Preis "die bescheuertste Schulidee des Jahres").
Es gibt sicherlich gute Gründe für die Ganztagsschule, und dennoch ist die ganztätige Kasernierung von SchülerInneN nur die zweitbeste Lösung.
Manchmal ist es nötig, die eine Einseitigkeit aufzufahren, um die andere in die Luft zu sprengen: laut Michel Foucault (in "Überwachen und Strafen") ist die Schule (neben Krankenhäusern und Gefängnissen) auch nur eine andere schlaue Methode zur allseitigen überwachung und Kontrolle.
(Und auch ansonsten gibt's gute Gründe gegen die Ganztagsschule, z.B.:
"Die große Illusion
Die Bundesregierung will Milliarden ausgeben, damit Schüler ganztags lernen. Doch das kostspielige Experiment droht an der Wirklichkeit zu scheitern. Schon in den Halbtagsschulen mangelt es überall an Büchern, Lehrern und Ideen für besseren Unterricht."
[zitiert nach ])
Auf gar keinen Fall dürfen Kinder aber heutzutage einfach spielen (wo kämen wir da hin?!), sondern sie müssen von Anfang an lernen, lernen, lernen.
Ganz unbedingt wichtig ist dabei heutzutage vor allem "die Erziehung der Sinne" (armer Hugo Kükelhaus!).
Mein Sohnemann (11 Monate alt) hingegen ist blöd: er braucht kein "pädagogisches" Spielzeug, ihm reichen Küchengeräte und Verpackungskartons.
Aber vermutlich ist hier die Pädagogik wieder mal
(wie bei fast jeder schulpolitischen Entscheidung)
nur Handlanger bzw. Feigenblatt für originär ökonomische Interessen, nämlich die vollständige wirtschaftliche Kolonialisierung aller Lebensbereiche, also auch der Kindheit
(wie heutzutage ja auch vom unentwirrbaren Werbe-Medienkomplex jeder erzeugte Trend gnadenlos bis in die früheste Kindheit ausgewalzt wird).
Völlig neu ist all das ja nicht: mein Vater hat bereits 1936 als Jugendlicher Zigarettenbildchen zur damaligen Olympiade gesammelt:
Neu ist nur die weitgehend Verschmelzung des "medial-industriellen Komplexes"
(ich wähle da bewusst die Parallele zum seinerzeitigen Schlagwort "militärisch-industrieller Komplex";
und der neue Komplex beeinflusst natürlich in einer zunehmenden MEDIendemOKRATIE auch wieder massiv die Politik)
- und seine Aggressivität, wenn nicht gar Unentrinnbarkeit?
PS: