systematisch die Falschen
"Das ärgerliche ist, dass die Dummen so selbstsicher sind, während die Intelligenten an allem zweifeln." (Bertrand Russell - oder Charles Bukowski?)
"Schon die Mathematik lehrt uns, dass man Nullen nicht übersehen darf." (Gabriel Laub) "Der Kluge gibt so lange nach, bis er der Dumme ist." Justinus Kerner: Der Zopf im Kopfe Einst hat man das Haar frisiert, Hat's gepudert und geschmiert, Daß es stattlich glänze, Steif die Stirne begrenze. Nun läßt schlicht man wohl das Haar, Doch dafür wird wunderbar Das Gehirn frisieret, Meisterlich dressieret. Auf dem Kopfe die Frisur, Ist sie wohl ganz Unnatur, Scheint mir doch passabel, Nicht so miserabel, Als jetzt im Gehirn der Zopf, Als jetzt die Frisur im Kopf, Puder und Pomade Im Gehirn! - Gott Gnade! "[George]Washingtons Verwaltungsstil hatte sich im Laufe jahrzehntelanger Erfahrung als Herr von Mount Vernon und als Befehlshaber der Kontinentalarmee herausgebildet. [...] Mit dem von ihm eingeführten Kabinettsystem übertrug er den Umgang mit seinem militärischen Stab auf den zivilen Bereich: Die Arbeitssitzungen des Kabinetts ähnelten Kriegsräten, auf denen in einer Krise kollektive Weisheit zur Geltung kommen sollte. Jefferson beschrieb dieses Arrangement später so, daß Washington sich selbst zur «Nabe des Rades» machte und Routineangelegenheiten an die Abteilungsleiter delegierte, die an dessen Rand standen. Das war ein System, bei dem die Kontrolle durch die Exekutive maximiert und zugleich auch die notwendige Distanz zu den Details hergestellt wurde. Sein erfolgreiches Funktionieren war von zwei Fähigkeiten abhängig, die sich Washington während seiner langen Laufbahn angeeignet hatte: Erstens vermochte er begabte und ehrgeizige junge Männer, die gewöhnlich eine höhere formale Bildung besaßen als er, ausfindig zu machen und heranzuziehen, ihnen dann beträchtliche Verantwortung zu übertragen und sie in seiner offiziellen Familie als Ersatzsöhne zu behandeln; und zweitens wußte er, wann er der Igel bleiben mußte, der Distanz wahrt, und wann er zum Fuchs werden mußte, der seine Nase in die Details steckt." (Quelle: ) |
In Top-Jobs muss man fachlich eigentlich kaum mehr Ahnung haben, sondern besteht die eigentliche Tätigkeit in "Menschenführung":
Man muss fähig sein, (fachlich) fähige Leute um sich zu sammeln, und
eine Atmosphäre schaffen, in der diese Leute
den Mut haben, einem ehrlich die Meinung zu sagen. |
(... womit ich ja nicht die leidige Aufgabe leugnen will, auch mal - nach lang ausgehaltener "Fürsorgepflicht"! - unfähige Leute feuern zu müssen.)
Ich weiß, dass solche Art "Menschenführung" ein ungeheurer Anspruch ist, den zu erfüllen ich mir kaum selbst zutraue
(und als Lehrer doch erfüllen sollte),
weshalb ich mich auch nie auf einen "Führungsposten" bewerben würde, zumal ich befürchte, dass man da zwischen den verschiedensten Interessen zermahlen wird
(was viele, wenn sie dann unter sich sind, gar nicht mehr merken).
Kommt hinzu, dass "da oben" die Luft oftmals sehr dünn ist, man also schnell vereinsamen kann, von entscheidenden (oft "menschliche") Informationen abgeschnitten wird
(oder sich abschneiden lässt?)
und doch allzu gerne sekundäre Neider einen absägen möchten.
Um so mehr Respekt habe ich vor guten Chefs!
Leider sind aber (waren schon immer) viele Top-Jobs "falschrum" besetzt, nämlich mit Leuten, die vielleicht fachlich fähig sind, aber eben jegliche Fähigkeit zur "Menschenführung" im o.g. Sinn bitter vermissen lassen.
(... was
ich nicht nur im schulisch-kultusbürokratischen Bereich erfahre, sondern Freunde mir vielfach auch aus anderen Bereichen zutragen:
schier zum Totlachen: das Chefarzt-Gehabe ["Götter in Weiß"] wie im tiefsten 19. Jahrhundert,
"freie" Wirtschaft: ein Freund über das "gehobene" Management einer großen deutschen Bank: "alles Blender";
in Deutschland besonders häufig der Fall zu sein scheint.)
Dass also jemand in der Hierarchie aufgestiegen ist, beweist noch lange nichts über seine Fähigkeiten. Insbesondere besagen Titel gleich welcher Art ("Experte", "Professor", "Dezernent") rein gar nichts. Und eine "Autorität", die allein aus dem Amt hergeleitet wird, ist potentiell gemeingefährlich.
Eines der am häufigsten missbrauchten Wörter ist eh das selbst verliehene Etikett "Elite"
(wohinter sich oftmals bloß ökonomisch erfolgreiche Sozialratten [Vorsicht, ] verbergen, die zumindest nicht geistig-sozial die Elite sind;
vgl. auch
Zweifelsohne arg pauschalisierend, möchte ich dennoch mal eine "Typologie der Hierarchie" aufstellen. Da gibt es
sicherlich in allen Bereichen auch erstklassige Führungskräfte
(z.B. Alfred Herrhaus, * 1930 + 1989),
die sich u.a. auch dadurch auszeichnen, dass sie
(fast hätte ich gesagt: trotz Karriere)
noch selbstständig denken können
(es ist mir einfach zu blöd, sämtliche Unternehmer, Manager und Politiker als abzuqualifizieren, bzw. das stinkt mir ja doch gefährlich nach der Rache der Dummen),
die massenhaft - manchmal mausgrauen, manchmal durchaus charmanten - stromlinienförmigen Nachbeter, die in jedes System passen, jedem (dummen!) Vorgesetzten genau das erzählen, was der hören möchte, und deshalb rasend schnell "die Treppe hoch fallen"
(da zeugt nur ein Kretin den anderen , und es gibt ja sowieso viele Chefs, die niemanden ertragen, der schlauer ist als sie).
Ich unterscheide da noch zwischen
den karrieregeilen (hochintelligenten, aber moralinfreien) Zyniker, die alles wider besseres Wissen nachbeten,
und jenen garantiert von keinem eigenen Gedanken angewehten Leuten, die den ganzen Quatsch
tatsächlich sogar glauben
(und immer auf die neuesten Modetorheiten und -schlagworte reinfallen).
Insbesondere liebe ich mir da jene Leute, die sich ("das muss leider sein") an Äußerlichkeiten aufhängen:
ein Schulleiter wollte mal allen Ernstes wieder Anzüge bzw. Jacketts verpflichtend machen;
eine Abteilungsleiterin sah ihre Aufgabe vor allem darin, dass auf jedem Wisch, der nach außen ging, ihr Name stand.
Und diesen Leuten fehlt vor allem jede Selbstironie.
So sehr pauschalisiere ich aber doch gerne mal
(ohne jeden nennbaren Beleg):
drei Viertel der "Großen" sind solche Kleingeister!
eine Unmenge denkfähiger Leute, die sich gerade deshalb nie auf den "Marsch durch die Institutionen" begeben
(ich hätte aber just diese Leute gerne als Vorgesetzte!),
jene Dumpfbacken, die ich auch nicht befördern würde.
PS: | ??? Einer der Gründe dafür, dass noch immer so relativ wenige Frauen in "Führungspositionen" auftauchen, scheint mir zu sein, dass viele Frauen sich "sowas"
nicht antun wollen. |
PPS: | Inzwischen scheint mir manchmal, dass man sich schon allein deshalb in die Ämter drängeln muss, weil die Geistlosen das sowieso tun. Und dennoch glaube ich, dass man nicht heil durch die Hölle gehen kann: dass man nicht bloß Kompromisse macht, sondern sich verbiegt - oder kaputtgeht. |