Gefangene (Fehler) werden nicht gemacht

vgl. auch Bild

  "Ihr wisst es wohl, ihr sollt fechten gegen einen verschlagenen, tapferen, gut bewaffneten, grausamen Feind. Kommt ihr an ihn, so wisst: Pardon wird nicht gegeben. Gefangene werden nicht gemacht. Führt eure Waffen so, dass auf tausend Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einen Deutschen scheel anzusehen."
(Kaiser Wilhelm II.  in seiner Bild "Hunnenrede")

Das werden Sie nicht erleben, dass ein Kultusministerium mal einen Fehler zugibt. Vgl.

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(vgl. auch Bild )

und darin:

"In einer Aufgabe zur Erdkunde-Leistungskursklausur war bei einer Frage zum Strukturwandel des Seehafens Wismar ein Komma verrutscht. Aus »19,058« wurde »190,58« Tonnen – Reaktion des Ministeriums: "Die Gesamtmenge aller Ostseehäfen war richtig angegeben." [...]

Bei einer Pädagogik-Aufgabe zu Sigmund Freud hatten die Autoren aus »Gefühlen, die uns bewusst sind«, ein »unbewusst" gemacht und so den Sinn ins Gegenteil verkehrt. Barbara Sommer: »Rückmeldungen haben ergeben, dass viele Schüler auch schon vor der Korrekturmitteilung das 'un' überlesen haben und den Satz richtig verstanden hatten.«

In Biologie hatten Schüler eine halbe Stunde Zeit, sich durch 18 Seiten Material kämpfen, um sich danach für zwei von drei Aufgaben zu entscheiden. »Viel zu viel" an Lesestoff sei das gewesen, sagt Britta, Abiturientin in Löhne. »Für die Auswahl zweier Themen war es nicht nötig, das Material vollständig durchzulesen", entgegnet die Ministerin, »wer sich zügig für zwei Themen entscheiden konnte, hatte daher sogar mehr als die vorgesehene Arbeitszeit zur Verfügung.«"
(rote Hervorhebungen von mir, H.St.)

Ein bisschen mager ist da doch folgende Reaktion:

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Und dann verfällt "man" stracks wieder in den ewig gleichen Anweisungsstil:

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(, 7.6.08)

Tatsächlich wäre aber doch was ganz anderes angebracht:

 


Ich befürchte aber, dass die Diskussion schnell auf die falsche Schiene gerät, nämlich nur die Fehler bemängelt werden

(Fehler können immer passieren - und macht jeder mal):

 

(beide Audio-Zitate aus WDR 5, Tagesgespräch, 6.6.08)

Der einzige diesbezügliche Fehler am Zentralabitur ist:

"Wenn es ein Problem gibt, dann liegt es nicht in einer, sondern in fast allen Schulen auf dem Tisch - zuverlässig sorgt das Zentralabitur für eine bestmögliche Fehlerverbreitung. Ausbaden müssen das die Schüler."

Das eigentliche Problem liegt aber ganz woanders - und hat ein Schüler (!) schön beim Namen genannt:

"Zur angestrebten Qualitätssteigerung im Bildungssystem tragen solche Pannen jedenfalls nicht bei. Lernen kann nur individuell gelingen - und das Paradoxe am Zentralabitur ist, dass es dabei gerade nicht um Individualität geht."


Ich habe durchaus Mitleid mit den Leuten, die die Fehler im Abi 08 "verbrochen" haben. Denen wird jetzt doch sicherlich das Leben zur Hölle gemacht.

Und leid tut mir sogar auch die Kultusministerin ("Püppi"), die nun für die Versehen ihrer Beamten die "politische Verantwortung" tragen soll. Als wenn es überhaupt von Interesse wäre, wer jeweils gerade Kultusminister ist: die Bürokratie geht doch sowieso ihren Weg, und der inoffizielle Kultusminister, also der Bild Staatssekretär (ein reiner Jurist), würde die falsche Politik nur noch "effizienter" durchziehen.


Abi 2010:


(, 16.6.2010)

Schade!

Abi 2016 (diesmal zur Abwechslung in Niedersachsen) oder "die unendliche Geschichte":


Osnabrück. Nachdem der Verband der Elternräte der Gymnasien in Niedersachsen die Aufgaben im Mathematik-Abitur 2016 scharf kritisiert hat, äußert sich jetzt das Kultusministerium, räumt möglicherweise [!] Fehler ein – und kündigt einen anderen Bewertungsmaßstab der Klausur an.

„Zu umständlich formuliert, zu schwierig und viel zu umfangreich“, der Verband fand am Mittwoch harte Worte zum Thema „Mathe-Abi 2016“. Zahlreiche Eltern, Schüler und Lehrer hatten bei Geschäftsführerin Petra Wiedenroth ihren Unmut geäußert. Nicht nur leistungsschwächere Schüler waren am 29. April entsetzt über die Prüfung, selbst Schüler, die die Vorprüfungen mit Bestnoten abgeschlossen und sogar an Bundeswettbewerben in Mathematik teilgenommen hatten, waren fassungslos. [...] Kritisiert wurde vor allem:

  • Aufgaben waren vom Schwierigkeitsgrad her zu hoch
  • Aufgaben waren zu komplex, in der Zeit nicht erfassbar und vollständig lösbar
  • Aufgaben wurden thematisch in den Kerncurricula (KC) nicht behandelt
  • Aufgaben waren durchgängig mit zu viel Text überfrachtet

Kritik, die das Kultusministerium nicht in allen [???] Punkten nachvollziehen [!] kann. „Die Aufgaben waren anspruchsvoll, aber vom Schwierigkeitsgrad leistbar“, betont Susanne Schrammar, Sprecherin des Niedersächsischen Kultusministeriums. Die Aufgaben der Klausur seien von einer erfahrenen Fachkommission erstellt worden, zudem seien erfahrene Pädagogen als „Nachrechner“ im Einsatz gewesen.

Fachkommission Mathematik hat Aufgaben überprüft

Trotz der, wie es das Kultusministerium bezeichnet, „Qualitätskontrollen“ habe das Ministerium im Nachgang an die Klausur eine „Vielzahl von Beschwerden“ erhalten. Neben dem Schwierigkeitsgrad der Aufgaben, wurde in den Briefen vor allem bemängelt, dass die Aufgaben den Vorgaben des Kerncurriculums nicht entsprechen, sprich, dass im Abitur Stoff abgefragt wurde, der gar nicht erlaubt war. Dieser Kritik widerspricht Susanne Schrammar: „Eine erneute Überprüfung durch die Fachkommission Mathematik kommt zu dem Ergebnis, dass die Aufgaben den Vorgaben des Kerncurriculums entsprochen haben.“

Kultusministerium räumt [!] Fehler ein [???]

Eines räumt die Fachkommission aber ein: „Hinsichtlich des Umfangs der Aufgaben war möglicherweise [!] die Aufgabendichte für die vorgegebene Zeit etwas [!] zu hoch. Dies ist jedoch eine [herrlich ausgedrückt:] Grenzfallentscheidung.“ Grund, dass Schüler womöglich schlechter abschneiden, als zuvor in den Vorklausuren? Für den Verband der Elternräte auf jeden Fall: Laut Petra Wiedenroth geht man davon aus, dass die Prüfung Ergebnisse hervorbringt, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen. „Wir gehen davon aus, dass das Ergebnis der Abiturnote im Durchschnitt mindestens drei Punkte unter der bisherigen Leistung liegt.“

Entscheidung: Bewertungsmaßstab wird angepasst

Um das zu verhindern, hat das Niedersächsische Kultusministerium am Mittwoch [ohne jede wirkliche Einsicht und deshalb nur herablassend großzügig] beschlossen, den Bewertungsmaßstab für diese Klausur anzupassen. „Details wurden dazu noch nicht festgelegt. Wir werden uns dazu mit den entsprechenden Fachleuten [!] und Schulen rückkoppeln, damit es zu einer [man lasse es sich auf der Zunge zergehen:] anspruchsvollen und leistungsgerechten Bewertung kommen kann“, sagt Sprecherin Susanne Schrammar. [...]

(Quelle: ; rote Unterstreichungen und gelb unterlegte Einfügungen von mir, H.St.)