lasset uns konferieren

... denn solange wir konferieren, sind wir nicht tot

 

"In den [Senioren-Dementen-] WGs der Zukunft wird man versuchen, die Bewohner nach ihrem beruflichen und sozialen Hintergrund zusammenzubringen. Jörg Burbaum hat schon Visionen von Lehrer-WGs (»die machen dann den ganzen Tag Konferenz« ) [...]"
(zitiert nach: Zeit 46/2004)

 

 

Nein, ich bin keineswegs politik- und politikerfeindlich. Aber ich wäre zu solch einem Politikerleben völlig ungeeignet: mein Gott, die sitzen sich doch den Arsch platt in lauter totlangweiligen und ewig langen Konferenzen und Besprechungen.

 

Ein Gesamtschullehrer: „Könnten Sie bitte die nächste Lehrer-Fort[!]bildung auf einen Dienstag legen? Denn dienstags haben wir immer unseren Konferenztag.“

 

 

Gewissenserforschung

von Ruhrbischof Dr. Hengsbach

  • Habe ich ohne wichtigen Grund eine Sitzung besucht?

  • Habe ich ohne wichtigen Grund zu einer Sitzung eingeladen?

[nebenbei: zu Konferenzen erhält man in der Regel eine

,

und einer Einladung kann man natürlich auch nicht Folge leisten; wenn man ihr aus Barmherzigkeit aber doch folgt, bringe man dem Patienten   mit!]

 

  • Habe ich ohne wichtigen Grund durch eine Wortmeldung eine Sitzung verlängert und somit mich und andere von der Familie fern gehalten?

  • Lieber Gott, hilf mir, mein großes Maul zu halten - bis ich weiß, worüber ich rede.

  •  

 

Ein Ausschuss ist immer gut:

man selbst ist die Arbeit los, irgendwelche mehr oder minder "Freiwillige" machen sie - und es kommt glücklicherweise verlässlich nichts dabei raus (vgl. Untersuchungsausschüsse des Bundestages).



"Endlose Meetings, in denen man sich nichts sehnlicher wünscht, als zurück an die immer weiter wachsenden Arbeitsberge am Schreibtisch zu dürfen. Ständige Umstrukturierungen, die nicht selten von Psychopathen erdacht scheinen."
(Klappentext)

 

 

... wobei Dueck als Mathematiker Großes geleistet haben mag, als selbsternannter Unternehmensberater

      [da kann man viel mehr Kohle verdienen]

aber natürlich nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte ist.

 

Schön anwendbar auf Lehrerkonferenzen sind in diesem Text auch die

      
 

Eine der Leibspeisen

(Himmel un ääd

Geschälte Kartoffeln in Wasser 20 Minuten kochen. Apfelspalten in wenig Wasser mit Zucker und Zitronensaft fünf Minuten dünsten.
Kartoffeln mit dem Stampfer zerdrücken. 50g Fett und heiße Milch unterrühren. Abgetropfte Äpfel unter den Kartoffelbrei heben.
Brei mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken. Warm halten.
Blutwurstscheiben in restlichem heißen Fett von jeder Seite eine Minute braten. Auf dem Kartoffel-Apfelbrei anrichten. Zwiebelringe im Bratfett hellbraun braten und über das Gericht geben.)

von LehrerInneN ist das Konferieren :-)

Und ganz besondere Spezialisten für Konferenzen sind Gesamtschulen. Die sind ja totunglücklich, wenn sie nicht mindestens drei mal in der Woche konferieren können.

Eine ganz besonders nette Idee ist es zudem neuerdings, Konferenzen in den Ferien abzuhalten - weil LehrerInnen da ja sowieso nichts tun (und andauernd Ferien haben).

Aber (Lieblingslehrerspruch:) Spaß beiseite: jeder, der halbwegs bei Verstand ist, ist heilfroh, wenn er irgendeine Ausrede hat ("Fort-Bildung", s.u.) - und wenn's endlich vorbei ist.

Unbedingt zu empfehlen bei Lehrerkonferenzen sind

(und überhaupt verhalten sich LehrerInnen auf Konferenzen [endlich dürfen sie auch mal!] exakt wie ihre SchülerInnen im Unterricht: in beiden Fällen wird vorne gestrebt und hinten Unfug gemacht), 

(man sagt [teilweise jahrzehntelang] in Konferenzen nichts, um sie nicht noch länger zu machen, als sie sowieso schon sind).

Ein ganz anderer Fall sind jene wenigen, die den ganzen Schmu auch noch für höchst sinnvoll halten, für die Konferenzen (egal, worüber) nämlich ein Wert an sich sind. Das sind so etwa dieselben, die meinen, eine "schöne" Rede müsse mindestens 20 Minuten lang sein (egal, worüber).

(Ein Vorschlag zur Güte: solche Möchtegern-Konferenzhocker werden zum A-15-er befördert und konferieren dann allein mit der Schulleitung. Die anderen können ihre Stimmen an diese geborenen Konferenzler delegieren, so dass diese dann beispielsweise sagen: "Bei TOP 34b bin ich 17 mal dafür und 28 mal dagegen.")

Mal ernsthaft:

(hat sich jemals jemand für die Kunst-Zensur interessiert?);

(über EinzelschülerInnen und konkrete Unterrichtsthemen: "wie genau kann man den Satz des Pythagoras beibringen?");

aber das dauert Stunden und Tage, und dafür hätte ich gerne eine spürbare Arbeitsentlastung.


PS:

In ihrem Buch Bild war Lea Fleischmann mal so herzhaft sauböse,

  • eine Lehrerkonferenz und

  • Bild

gegeneinander zu schneiden.

In beiden Fällen gab es nur einen einzigen Tagesordnungspunkt:

  • das Kopierkontingent

  • bzw. "die Endlösung der Judenfrage".

Und in beiden Fällen gab es je drei Lösungs(?)vorschläge.
 

PPS: Und dann gibt es noch die "Tagungen", oftmals auch "Fort(!)-Bildungen(?)" genannt:
  • man kommt endlich mal wieder raus

(LehrerInnen manchmal sogar in richtig feine Hütten statt - wie sonst nur - Jugendherbergen "mit Klo im Keller" und Sammelduschen - so richtig schön jugendbewegt und "bittschön keine Prüderie"),

  • und meistens sind die Tagungsbeiträge (vgl. Bild ) nur notwendiges Übel (Vorwand bzw. Anlass), während der wirklich ergiebige (und endlich auch [zwischen-]menschliche) Austausch natürlich in den Pausen bzw. abends beim Bier läuft.

PPPS: Das Lustigste an Konferenzen sind aber die obligatorischen, minutiös geführten Protokolle. Einer der ersten Tagesordnungspunkte der nächsten Kónferenz ist es dann immer, das Protokoll der letzten Konferenz abzusegnen - obwohl es selbstverständlich niemand gelesen hat. Und im Laufe der Jahre füllen sich dann Stapel von Aktenordnern mit Protokollen, in denen Beschlüsse stehen, an die sich eh niemand erinnern kann (dann beschließen wir's halt nochmal [was auch nichts bewirikt] oder das glatte Gegenteil).

Das schönste Protokoll, das ich jemals gesehen habe, war ein "Ergebnisprotokoll" (sehr kurz im Gegensatz zu einem "Verlaufsprotokoll"), in dem nur stand: "Es wurden keine Beschlüsse gefasst."

Aber Hauptsache, alles hat seine protokollarische Ordnung:


Überhaupt wird heutzutage ja alles gleich für die gesamte Ewigkeit dokumentiert, und ich kenne kaum einen Beruf, der nicht über zunehmenden Verwaltungsaufwand klagt, durch den er systematisch von der eigentlichen Arbeit abgehalten wird.

So habe ich es beispielsweise mal erlebt, dass in einer Klinik die Ärzte kaum erreichbar waren, weil sie allesamt in einem Computerraum saßen und stundenlang die "Fälle" in die Computer hackten.

Aber bleiben wir bei der Schule:

  • da ist an jeder Schule ein "Abteilungsleiter" (Gehaltsstufe A15!) wochen- und monatelang damit beschäftigt, in zig Klassenbüchern und Kursheften jedes einzelne Datum zu überprüfen, und bestimmt gibt es in der Schulaufsichtsbehörde hochbezahlte Kräfte, die nichts anderes tun, als nochmals tausende Klassenbücher und Kurshefte sämtlicher Schulen zu überprüfen

                    (was´immerhin eine gigantische Bürokratenkaste ernährt und somit die Arbeitslosigkeit verringert); 

  • wenn die "Qualitätskontrolle" kommt, saugt sich eine Schule gut und gerne 1000 Seiten geschöntes und aufgebauschtes Zeugs aus den Fingern

(falls es überhaupt jemanden gibt, der das alles liest, muss er schon ziemlich bescheuert sein),

 und ich hab's schon erlebt, dass eine Schule bei solch einer "QQualitätskontrolle" sehr gut wegkam, obwohl alle wussten, dass die Wahrheit diametral anders aussah.

Eine Gesellschaft aber, die alles regelt und dokumentiert, sich also andauernd nach allen Seiten hin absichert, ist in Wirklichkeit gerade deshalb nur extrem unsicher: