eine schöne Schnapsidee : freie Fächer-/Lehrerwahl

Auf die Idee "freie Fächer-/Lehrerwahl" bin ich durch den Satz

"Der Unterricht, der an den Koranschulen [...] [in der Zeit des europäischen Mittelalters] erteilt wurde, förderte die[...] Vielseitigkeit, da die Studenten beliebig von einem Lehrer [...] zum anderen wechseln konnten."

in dem Buch gekommen.


„Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“

Ich bin ja „ein ganz ausgeschlafenes Mammut“ : indem ich vorsorglich

(„umgangssprachlich: Idee, die verrückt klingt [aber nicht notwendig verrückt ist?] oder die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung […] gut/klug erschien, sich aber später als schlecht/dumm herausstellt“
[Quelle:
]);

kann eine Schnapsidee aber nicht Betriebsblindheit überwinden helfen?)

bin ich aller Rücksichtnahme auf die schnöde Schulwirklichkeit enthoben, kann ich also auf sämtliche Richtlinien, Lehrpläne und scheinbaren schulorganisatorischen Zwänge pfeifen, also z.B. auch auf den Einwand

“eine freie Lehrerwahl ist schon allein stundenplantechnisch unmöglich“,

der natürlich ein "Killerargument" der Denkfaulen ist, zumal ich da raushöre:

"Das ist doch glücklicherweise stundenplantechnisch unmöglich, wodurch sich alles weitere Nachdenken darüber erübrigt, ja verbietet."

(Vgl. allerdings   .)

Da kann ich nur antworten: wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!

Dabei bin ich ja gar nicht so revolutionär drauf: ich rede ja bewusst von einer zeitlich limitierten „Unterrichtseinheit“, denn selbstverständlich sollte jede Neuerung

(was allerdings den Schulministerien unbekannt zu sein scheint:)

erstmal im kleinen Maßstab ausprobiert werden, und sowieso sind Neuerungen nie Patentrezepte.


  1. zur freien Lehrerwahl:

die Schüler können aus mehreren Lehrern desselben Schulfachs auswählen.

Ein Beispiel: in einem Oberstufen-Jahrgang eines Gymnasiums unterrichten vier Deutschlehrer, und die Schüler können nun auswählen, zu welchem der vier sie gehen

(eine Variante bestünde dann darin, dass die Schüler sich nicht endgültig entscheiden müssten, sondern z.B. drei Wochen zu dem einen und danach fünf Wochen zu dem anderen Lehrer gehen könnten).

Unter der Prämisse

„du musst so oder so in einen Deutschkurs gehen, kannst das Fach Deutsch also nicht komplett abwählen“

fände hier also

Folge  könnte im Extremfall sein, dass sämtliche Schüler zu Lehrer 1 gehen, aber keiner zu den Lehrern 2, 3 und 4.

(Nebenbei: interessant wären allemal die Kriterien, nach denen Schüler Lehrer 1 auswählen, nämlich z.B.

  • er ist besonders sympathisch [aber fachlich, methodisch und didaktisch eine Niete?],
  • er ist pädagogisch und fachlich ein Genie,

  • er ist zwar persönlich widerwärtig, fachlich unterbelichtet und schnarchlangweilig, gibt aber bekanntermaßen [um es sich leicht zu machen] die besten Noten.)
  • Wenn nun aber alle Schüler zu Lehrer 1 rennen, sitzen bei ihm 100 Schüler, müsste der Deutschkurs also in der Aula abgehalten oder Lehrer 1 in vier zeitversetzten Deutschkursen eingesetzt werden.

    Das würde zu erheblichen personellen und stundenplantechnischen Problemen führen, soll uns hier aber mal erstmal egal sein (s.o.).

    Wohin aber mit den restlichen drei Lehrern 1, 2 und 3? Sie müssten nolens, volens wohl in anderen Jahrgangsstufen eingesetzt werden, in denen (noch) keine freie Lehrerwahl stattfindet - und diese Jahrgangsstufen müssten dann die „Flaschenpost“ ausbaden.

    Oder man kündigt solchen Lehrern einfach (?), was allerdings bei den teilweise problematischen Wahlkriterien der Schüler (s.o.) ebenfalls problematisch wäre.

    Problematisch wäre diese erste Variante auch, wenn die Schüler wie in 2. jederzeit die Lehrer wechseln könnten, denn dann könnte folgender Extremfall eintreten:

    Hat Lehrer 1 dann (soweit er nicht krank ist) plötzlich bezahlten Urlaub und muss man für diesen Fall die Lehrer 2, 3 und 4 in ebenfalls bezahltem Urlaub vorrätig halten?

    (Weil‘s kein anderer tut, klopfe ich mir zwischendurch schonmal selbst auf die Schulter, wie schön realistisch ich inzwischen doch wieder geworden bin.) 

    1. zur freien Lehrer- und Fächerwahl:

    In diesem zweiten Fall gibt es nicht nur (wie in 1.) eine freie Lehrer-, sondern mit dieser auch eine freie Fächerwahl (oder umgekehrt).

    Ein Beispiel: ein Oberstufenschüler wählt aufgrund schrecklicher Vorerfahrungen mit der Mathematik dieses Fach (bei Lehrer 1) endgültig ab, dafür aber zusätzlich das Fach Physik (bei Lehrer 2).

    (Ich kann mir durchaus vorstellen, dass jeder Oberstufenschüler ein [einziges] beliebiges Schulfach endgültig abwählen darf, weil eine weitere Beschäftigung des Schülers mit diesem Fach sowohl für ihn selbst als auch für seine Lehrer eine endlose Quälerei würde. Voraussetzung für solch eine endgültige Abwahl könnte sein, dass der Schüler als Ersatz ein Fach aus derselben Fächergruppe [z.B. Physik aus der Fachgruppe „Mathematik und Naturwissenschaften“] wählen müsste.)

    Mich interessiert hier allerdings „nur“ eine abgespeckte Schülerfreiheit:

      da alles ja sowieso nur zur Probe geschieht, dürfen sich die Schüler in einem begrenzten Zeitraum (z.B. vier Wochen) jeden Tag aufs Neue frei entscheiden, zu welchem Lehrer und damit auch zu welchem Fachunterricht sie gehen.

    Um wieder kreuzbrav realistisch zu sein:

    (in jedem Fach bei jedem Lehrer ist also in jeder Schulstunde die Anwesenheit der Schüler zu kontrollieren - und [mit einigem Aufwand] das Ergebnis in allen Fächern abzugleichen;

    aber sogar die verpflichtende Wochenstundenzahl und die Anwesenheitspflicht könnte man in Frage stellen:

    "«Mr. Flexners Schule», wie sie genannt wurde, war ein außerordentlicher Erfolg. Flexner nahm jeden Schüler an, ganz gleich, wie begriffsstutzig oder aufsässig er war, und versprach gleichzeitig den Eltern, er würde ihre Kinder so auf Zack bringen, daß sie in Princeton, Harvard oder sonstwo studieren könnten. Das Erstaunliche daran war, daß Flexner Erfolg hatte und sein Ziel ohne Drohungen, Gewalt oder Druck erreichte. «Ich hatte schon viel früher gelernt, daß ich nichts durch Zwang erreichen konnte», sagte er später. «Die Schule erreichte ihr Ziel ohne Vorschriften, ohne Prüfungen, ohne Schülerakten und ohne Zeugnisse.»
    Wie später die Professoren am [von Flexner gegründeten] Institute for Advanced Study [in Princeton, an dem auch Einstein gearbeitet hat] mußten die Schüler an Mr. Flexners Schule keine Rechenschaft über ihr Tun ablegen. «Keine Pflichten, nur Möglichkeiten», war immer Flexners Einstellung. Seine Schüler konnten zum Unterricht kommen oder ihm fernbleiben. Sie konnten teilnehmen, wenn sie wollten, und soviel oder so wenig tun, wie sie wollten. Vielleicht überraschte es ihn selbst, daß seine Schüler selbst am schulfreien Sonnabend kamen, einfach, um mehr zu lernen. Dabei war keine Zauberkraft am Werk: Flexner erreichte das durch seine Persönlichkeit und seine echte Begeisterung für das Lernen."

    [Quelle: ; man muss aber wohl ergänzen, dass Flexner anscheinend ein pädagogisches Genie war und es nunmal (auch unter Lehrern) nur ganz selten Genies gibt.]);

    (in diesem Fall haben die Schüler also nur insofern eine freie Lehrerwahl, als sie z.B. nicht zu Mathematik bei Lehrer 1, sondern zu Deutsch bei Lehrer 2 gehen); 

    (denn schließlich haben die Lehrer auch noch Unterricht in diesen anderen Jahrgangsstufen zu erteilen) 

    (allerdings passend zu den Lehrerstundenplänen)

    beliebige Stundenpläne zusammenstellen könnten

    (ich kann mir sogar eine Variante vorstellen, bei der Oberstufenschüler während des Probeprojekts Fächer wählen können, die sie ansonsten eigentlich nicht gewählt haben; für den Fall, dass sie in solch einem "Ersatzfach" mangels späterer Leistungskontrolle nur Scheiß bauen, könnten sie allerdings des Kurses verwiesen werden);


    Für einige Lehrer würde unsere Unterrichtseinheit wohl zur „Stunde der Wahrheit [?]“, wenn sehr wenige oder gar keine Schüler bei ihnen auftauchen würden. Und vielleicht befürchten sie schon vorweg, dass sich herausstellen könnte, dass sie überflüssig oder untragbar sind - und werden sie daher solch einem Projekt schon vorsorglich niemals zustimmen.

    Dabei kann die geringe Schülerzahl ganz andere Gründe haben als die (vermeintliche) Unfähigkeit des Lehrers.

    Um das zu verstehen, müssen wir uns nochmals mögliche Wahlkriterien

    (jetzt auch im Hinblick auf die Fächer)

    der Schüler ansehen: sie gehen nicht zu Lehrern,

    (vielleicht sogar, weil die Lehrer besonders „gut“ sind)

    schon gut beherrschen,

    Es ist allerdings zu befürchten, dass

    Daraus folgt dann eventuell z.B., dass

    und entsprechend wird dann auch die Arbeitsmoral und Unterrichtsatmosphäre in diesen Fächern sein.

    Um das zu verhindern und dafür zu sorgen, dass die Schüler sinnvoll, d.h. für sie hilfreich wählen, könnte ich mir eine freiwillige oder verpflichtende Lernbegleitung

    (oder rassig neudeutsch ein „Lerncoaching")

    vorstellen

    (was allerdings

    [wenn man z.B. 100 Schüler vier Wochen lang begleiten möchte]

    für einige Lehrer eine enorme Mehrarbeit bedeuten würde).


    Solange das Projekt in der Zwangsjacke des Standardunterrichts

    (vorgegebene Fächer, Noten, Klausuren)

    stecken würde, könnte es passieren, dass die Schüler von ihrer Wahlmöglichkeit gar keinen Gebrauch machen, sondern ihren üblichen Stundenplan abarbeiten

    (z.B., weil sie mit ihrer neuen Freiheit noch gar nicht umgehen können - oder weil sie nur die Wahl zwischen Pest und Cholera haben).

    Das würde das Projekt zwar nicht sinnlos, aber doch wohl unverantwortbar aufwändig machen.


    Ein weiteres Problem wird an einem Beispiel deutlich:

    (und verlässt es nach wenigen Tagen schon wieder frustriert).

    Wie soll denn ein Unterricht für Schüler mit solch unterschiedlichen Voraussetzungen aussehen?

    Eine Lösung für dieses Problem könnte darin bestehen, dass während der Projektzeit


    Ein möglicher Einwand gegen das Projekt könnte lauten, dass es eben gerade nicht

    (wie vielleicht noch vor 1000 Jahren in Koranschulen)

    die Viel-, sondern im Gegenteil die Einseitigkeit fördere, denn dann würden einige Schüler sich doch vollständig um gewisse Lehrer/Fächer oder sogar ganze Lernfelder

    (z.B. die ihnen verhassten MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften - und Technik?)

    drücken.



    Denkste!

    Der Titel

    eine schöne Schnapsidee : freie Fächer-/Lehrerwahl

    war anscheinend nur ein provokativer Etikettenschwindel, denn im dann folgenden Text

    (wie mein Vater selig so schön sagte: "Irgendwann wirst du auch noch vernünftig - und wählst CDU"; mit beidem hat er bei mir allerdings bislang Unrecht behalten)

    so dass die Wahl der Schüler keineswegs grenzenlos frei, sondern nurmehr eine Schrumpfversion oder fast eine Karikatur des ursprünglichen Vorhabens und eine Pseudofreiheit ist, bei der die immensen Nachteile (Probleme) die Vorteile bei weitem überwiegen.

    Also machen wir (ohne dieses Projekt) weiter wie gehabt ad infinitum.


    Damit ist das geplante Projekt

    (zumindest solange, wie es in die gängige Schulorganisation eingebettet werden muss)

    anscheinend wirklich eine Schnapsidee, die "sich [...] später [evtl. erst im Praxistest] als schlecht/dumm herausstellt" (s.o.) bzw. zurecht in die Sparte gehört.


    Jetzt erst recht!

    (… mit dem Kopf durch die Wand und

    [wie so oft bei Neuerungen]

    auf Kosten der Versuchskaninchen [=Schüler?])