oder

im Unterricht

Der Titel "Brave New World / Schöne Neue Welt" des Buchs von Aldous Huxley ist

(wenn auch etwa Michel Houellebecq da anderer Meinung war; vgl. )

wohl ironisch gemeint: was da als "Schöne Neue Welt" firmiert, ist

(und diese Paradoxie treibt den Roman an:)

der Albtraum ewiger Glückseligkeit.


Nach meiner vielfältigen Kritik am -Hype

(vgl. etwa )

bin ich heute tiefenentspannt und meine ich mal keineswegs ironisch.


Wenn Schüler heutzutage nicht gerade "whatsappen", surfen sie vor allem, und das insbesondere auf .

(Die Tage des klassischen Fernsehens mit vorgegebenem Programm

["heute abend guckt ganz Deutschland oder "]

sind gezählt;

wobei allerdings "ganz Deutschland" in Zukunft eben doch wieder weitgehend dasselbe guckt, nämlich das, was [Online-]Videotheken fast ausschließlich anbieten: den ewig gleichen "action"- und "comedy"-Müll sowie [für die "Gebildeteren"] Wohlfühl-Filme:

.)

Dadurch ist eine ganz neue Spezies des Medienstars ("Promies"), nämlich der "youtuber", entstanden

(von dem Erwachsene [auch Lehrer] allerdings kaum etwas erfahren, wenn sie keine Kinder haben):

"youtuber" sind erstmal blutige Laien, die zu irgendwelchen Jugendthemen selbstgemachte Videos hochladen. Einige youtuber haben damit aber so großen Erfolg, dass sie längst bestens an ihren

(dann auch zunehmend professioneller produzierten)

youtube-Videos verdienen:


(Da zitiere ich doch mangels Alternativen glatt mal die "Bild".)

Was dabei herauskommt, ist durchwachsen:

(z.B.

[diese schlauen Jungs hätte ich gerne im Unterricht gehabt.]),

(was ich nicht zu bewerten habe)

à la

und 2 % für den Schulunterricht Brauchbares.

(das sind schätzungsweise noch immer 54819 youtube-Videos!).

Natürlich gucken Jugendliche auf youtube zu 97 % Unterhaltsames, aber sie nutzen youtube auch zu 3 % für "Schulisches"

(als wenn Unterhaltsames und Schulisches sich automatisch gegenseitig ausschließen würden / müssten!):

z.B. haben viele meiner Schüler schon youtube-Videos zur Nachbereitung des Unterrichts und Vorbereitung von Klassenarbeiten und Abiturprüfungen genutzt. Die häufigste Begründung der Schüler dafür war

(während der Unterricht flüchtig ist wie Schnee im März).


Dass aber in youtube-Videos besser erklärt wird als im Unterricht, ist vielleicht die geheime Angst vieler Lehrer: gute youtuber würden damit dem Einzellehrer, wenn nicht gar Großteilen der Lehrerzunft ein vernichtendes Armutszeugnis ausstellen, und dann käme früher oder später die Frage auf, ob youtube im Speziellen und Neue Medien im Allgemeinen irgendwann die gesamte Schule genauso überflüssig machen würden wie das bislang übliche Fernsehen.

Nun gibt es zwei geradezu klassische Mechanismen:


Ein erster Grund, (youtube-)Videos in den Unterricht zu integrieren, wäre es, dass die Schüler ja sowieso schon youtube gucken. Man nimmt also deren Sehgewohnheiten auf, macht sie sich zunutze - und biedert sich dem Trend an!?

Aber Vorsicht!:

  1. finden Schüler sowas vielleicht anfangs "cool", bemerken sie dann aber doch schnell die Anbiederung.
  2. wird es ihnen auf die Dauer gar nicht passen, dass Erwachsene (Lehrer) ihnen (der Jugend) ihre ureigene Ausdrucksform klauen.
  3. verfallen irgendwelche Schulinstitutionen nun vielleicht auf die Idee, selbst (youtube-)Videos für den Unterricht zu drehen. Es ist nicht schwer zu erahnen, was dabei rauskommen würde:

Aber bleiben wir vorerst doch bei den (für Schulen geeigneten) Filmen, die es auf youtube bereits gibt.

Vier gelungene Beispiele:

(die reden mir allerdings zu schnell),
  1. ,

(da zeigt sich, das "Quality" auf youtube durchaus möglich ist - und Erfolg hat!),

  1. früher frei zugänglich auf youtube, inzwischen aber leider auf die kostenpflichtige Seite "oberprima.com" umgezogen ist Martin Wabnik (aus meiner Heimatstadt Münster!) mit seinen erstklassigen Mathe-Seiten:


(Wabnik in Hochform: immer am selben Schreibtisch,
hinter sich immer dasselbe Regal
- und massenhaft simpelstes Veranschaulichungsmaterial)



Diese youtube-Videos sind allemal um Längen besser als all die Kopienstapel

(Info-Texte und Arbeitsblätter),

die beispielsweise mein Sohn andauernd aus der Schule anschleppt

(vgl. ).


Auf sämtliche oben genannten youtube-Kanäle

(außer die Videos von Wabnik)

bin ich überhaupt erst durch Schüler oder meine Sohn aufmerksam geworden. Es würde sich also lohnen, mit Schülern zusammen eine Liste der

(für schulische Themen)

besten youtube-Videos und Internetseiten zu erstellen, diese immer wieder zu aktualisieren und allen Schülern

zur Verfügung zu stellen.

Der Vorteil wären, dass die Schüler

(Der Lehrer könnte dann mit den Schülern ja immer noch kritisch diskutieren, welche der von den Schülern gefundenen youtube-Videos und Internetseiten eventuell fachlich problematisch sind

[wobei der Lehrer allerdings nicht allzu kleinkarierter Anhänger der absoluten fachlichen Wahrheit sein sollte].)


Auch ansonsten ist youtube randvoll mit massenhaft schulisch interessanten Videos, nämlich z.B. diversen "Dokus" zu unterschiedlichen Themen

(beispielsweise historischen, aber auch naturwissenschaftlichen und sogar mathematischen; vgl. etwa  

Einige dieser "Dokus" finde ich sogar so gut und wichtig, dass ich sie fast für Schulen verpflichtend machen würde

("fast", weil Schulen schon viel zu viel vorgeschrieben wird und Vorschriften ja sowieso der falsche Weg zur Verbesserung der Schulen sind; vgl. ).

Zwischen solchen "Dokus" und den o.g. Filmen der "youtuber" gibt es allerdings zwei Unterschiede:

  1. (und das sei hier nur nebenher gesagt) sind die "Dokus" meist mehr oder weniger legale Mitschnitte von Fernsehsendungen, was ihre Verwendung im Unterricht doch problematisch macht,
  2. sind die "Dokus" meist Erwachsenen-Sendungen

(z.B. von solch bei Jugendlichen allseits beliebten Sendern wie Arte und 3sat :-),

also nicht gerade flott erzählt und teilweise auch weit oberhalb des Schüler-"Niveaus", aus Schülersicht also oftmals genauso weltfremd wie der Standard-Unterricht.


Wenn man also mal anerkennt, dass das Internet samt youtube eine Menge brauchbaren Unterrichtsmaterials enthält, stellt sich die Frage, wie man diesen Fundus in Schulen

(Unterricht und Hausaufgaben)

einbinden kann.

Das ist zu allererst ein inhaltliches und erst in zweiter Linie ein technisches Problem

(während die meisten rabiaten Befürworter von "Computern in die Schule"

wie genau und wann sollen die Segnungen des Internets denn in den Unterricht eingebaut werden?: es reicht ja nicht, sich die youtube-Videos einfach nur (mehrfach) anzuschauen:

(auch wenn es korrekt und weitestmöglich verständlich erklärt wurde)

Halb-, Un- und sogar Falsch-Verstandenes festsetzt - und nichtmal als solches erkannt wird;

(wie der klassische Erklär-Unterricht, in dem als guter Lehrer gilt, wer gut erklären kann)

auch nur was vor, d.h. die Schüler "konsumieren" nur Verständnis (?), statt auch mal etwas selbst zu erARBEIT(!)en und mit Stolz selbst zu entdecken.

Und youtube-Videos ersetzen keine (oftmals mühsame und vielleicht auch langweilige) Einübung. Wenn man diese nicht den splitterfaserdoofen gängigen "drill & kill"-Computerprogrammen überlassen will, ist da eben doch wieder der mehr oder minder klassische Schulunterricht nötig.

Das hört sich allerdings fast an, als wenn der Unterricht zum youtube-Anhängsel verkommen würde:


Es bedarf also der genauen Lokalisierung der youtube-Videos im Unterricht:

(Wenn man mit ihnen anfangen würde, wäre schon zu viel verraten und "die Luft / Spannung raus".)

(es sei denn, da würde das jeweilige Thema nur noch launig kommentiert)?

Konkretere Überlegungen zur Lokalisierung und Behandlung Neuer Medien im Unterricht sind hier allerdings nicht möglich, weil dabei immer vom jeweiligen konkreten Unterrichtsthema auszugehen wäre

(ich denke ja immer vom Fachlichen aus - was heutzutage

[z.B. auch beim Methodeneinsatz]

völlig unmodern ist).


Ich hatte oben schon ansatzweise besprochen, dass computergestützte Unterrichtsmedien (inkl. Videos) speziell für die Schule angefertigt werden könnten

(statt sie nur bereits fertige Videos von youtube zu klauen).

Das könnte geschehen, indem

(vgl. etwa meine Computerprogramme , die ich vor Ewigkeiten vor allem doch für meine eigenen Schüler entwickelt habe;

ansonsten aber: wieso Erklärvideos drehen, wo ein Lehrer doch direkt bzw. neudeutsch "f2f = face to face" erklären kann?!),

(Bezirksregierungen, Lehrerfortbildungsinstitute, Kultusministerien)

zentral elektronische Medien entwickeln (lassen): warum soll jeder Lehrer alleine das Rad neu erfinden?!

(Aber seit wann fühlen sich solche Institutionen dafür verantwortlich, den Lehrern mal wirklich zu helfen

[statt ihnen Vorschriften zu machen oder sie zu kontrollieren]?

Kommt hinzu, dass solche Institutionen etwa in Modellversuchen systematisch die Falschen [die phantasielosen Nachbeter] an die Arbeit setzen.)


Videos könnten zwei Vorteile haben:

  1. könnten Videos mit einem Aufwand gedreht werden, der im normalen Schulunterricht kaum möglich wäre. Ich denke da etwa an

(die bei einem Video allerdings für die Schüler nicht anfassbar = beGREIFbar wären),

(z.B. direkt aus Forschungslaboren; die Universitäten müssen da endlich in die Pflicht genommen werden;

am besten wäre es aber, wenn eine Schul-Medien-Institution ein Renomée wie die erreichen würde, so dass sich

[wie auf dem -Tag]

alle Türen von selbst öffnen, weil es einfach eine Ehre ist, dabei zu sein).

  1. könnten solche Videos von bzw. mit den besten Lehrern wenn schon nicht der Welt, so doch zumindest Deutschlands gedreht werden.

Dabei sehe ich allerdings die (vermeintliche) Gefahr, dass ein paar besonders begnadete Lehrer alle Durchschnittslehrer ersetzen würden, denen nur noch die Nachbereitung im Unterricht bliebe.

(Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die Neuen Medien die Schule nicht vollständig ersetzen werden: der E-Learning-Hype hat schnell gezeigt, dass Schüler dringend f2f-Begegnungen mit ihren Lehrern

[also, soweit man bei Lehrern davon sprechen kann, mit realen Menschen]

brauchen.)

Eine weitere Gefahr bei der Zentralanfertigung von Lernvideos sehe ich darin, dass damit auch der Schulstoff noch rabiater vereinheitlicht würde, als es seit einiger Zeit sowieso schon geschieht.


Erst in einem Nachschlag interessiert mich die technische Frage: welche technische Ausstattung ist nötig, um (youtube-)Videos in den Lernprozess einzubinden?

Bei den Schülern zuhause

(also bei Hausaufgaben, der Unterrichtsnach- sowie der Klassenarbeitsvorbereitung)

ist das heutzutage

(zumindest bei Gymnasiasten)

kein Problem mehr: sie alle haben zuhause einen Computer stehen und besitzen sowieso ein "Smartphone"

(ist da eigentlich das Gerät oder der Besitzer "smart"?).

... womit sich wiederum pädagogische Probleme ergeben:

(oder doch lieber Schminkvideos)?

In der Schule wäre es wohl Mindestvoraussetzung, dass in jedem (!) Klassenraum ein internetfähiger Computer samt Beamer stünde, damit Videos für alle vorführbar wären

(von "Whiteboards", die zweifellos auch ihre Vorteile haben, halte ich aber gar nichts. Vgl. ).

Wenn man aber "individuelles Lernen" ermöglichen wollte, müsste zudem für jeden (!?) Schüler in der Schule ein Tablet zur Verfügung stehen

(man spricht dann heutzutage von "Tablet-Klassen").

Wer aber will das alles bezahlen? - und die Hersteller würden sich dumm und dämlich verdienen. Kommt hinzu: wer macht da den höchst undankbaren Job des Systemadministrators, der dafür sorgt, dass all diese Geräte auch jederzeit verlässlich funktionieren?

(Vgl. auch   )

Und es bliebe wieder ein Rattenschwanz teilweise pädagogischer Fragen. Z.B.:

(Ich habe mal die Schulregel, dass Handys und Smartphones im Unterricht verboten sind, umgedreht und im Matheunterricht für einige Zeit das Mitbringen und Benutzen von Smartphones

[genauer: von "Apps", mit denen man sich Funktionsgraphen anzeigen lassen kann]

vorgeschrieben

[nebenbei: Smartphone sind (weil sowieso jeder Schüler eines hat) erheblich besser als die für viel Geld zusätzlich anzuschaffenden und extrem umständlichen "grafikfähigen Taschenrechner"!].

Kaum habe ich's geschrieben, da erscheint im Internet folgender Artikel:

[an dem schnittigen Spruch "Bring your own device" hat sicherlich
drei Wochen lang eine renommierte Werbeagentur gearbeitet;
und das Ganze ist natürlich nicht selbstlos, sondern dahinter steckt
neben der "Zeit" die Telekom-Stiftung,
die natürlich größtes Interesse hat, dass die "Kids" permanent online sind].)


PS: