Wenn die Schüler mal wieder nicht auf mich „hörten“, war ich also nie auf sie
böse, sondern eher enttäuscht, dass eine mir wichtig erscheinende Hilfe nicht angenommen wurde.
Manchmal wird man als Lehrer wohl ungerecht und meint, dass alle
Schüler nie auf einen hören. Besser ist wohl:
nicht alle Schüler
(die „guten“ Schüler
befolgen ja oftmals schon von selbst die Vorschläge des Lehrers, sei‘s
ohne echte Einsicht dem Lehrer und der guten Noten zuliebe, sei‘s, weil
sie [die „guten“ Schüler] den Sinn der Hilfe einsehen),
sondern ausgerechnet diejenigen („schlechteren“), für die
meine Vorschläge besonders hilfreich gewesen wären.
Dabei ist der
Begriff „Vorschläge“ manchmal doch verharmlosend: oftmals sind es in
Wirklichkeit Anweisungen.
Bzw. wenn es wirklich nur (sinnvolle!)
Vorschläge waren, die von einer notorischen Schülergruppe dann doch nicht
befolgt wurden, stellt sich die Frage, ob ich die Vorschläge vielleicht
doch besser von Anfang an als Anweisungen ausgegeben hätte
(oder nachträglich - eben weil die Schüler nicht "hörten" - doch noch
zu Anweisungen hätte machen sollen).
Bei der Vater-Anekdote oben hatte ich gesagt:
"wenn wir [Söhne] zum
Essen gerufen wurden und den Ruf durchaus [akustisch] gehört, aber noch
anderes [Besseres?] zu tun hatten".
Da stellt sich mir doch die Frage, ob Schüler, die nicht ausführen, was man
ihnen vorschlägt,
die Vorschläge vielleicht wirklich nicht (akustisch) gehört haben
(sei's, dass die Vorschläge für
zu leise waren,
sei's, weil sie sich
gerade aus der Schule weggeträumt haben, das akustisch durchaus Verstandene also
vielleicht auf dem Weg von den Ohren zum Gehirn abhanden gekommen ist
[vgl. "zum einen Ohr rein, [ohne Umweg über das Gehirn]
zum anderen wieder raus" bzw. "die Ohren [evtl. ohne Absicht] auf Durchzug
stellen": ]),
die Vorschläge durchaus gehört haben, aber für
kleinkariert (
) halten
(also auf alles Freiwillige und somit -
das ist ja das Signal der Freiwilligkeit - nicht ganz so Wichtige pfeifen).
... womit wir schon eine erste Erklärung dafür hätten,
warum Schüler nicht auf einen „hören“.
Eine zweite mögliche Erklärung scheint mir folgende zu sein:
„schlechte“ Schüler schaffen es nicht, beispielsweise für die Zeit
einer
Klassenarbeit ihren Unwillen zurückzustellen und zumindest dem Lehrer
bzw. der Zensur zuliebe „folgsam“ zu sein
("für eine guten Zensur finde
ich sogar mal eine Stunde lang
“),
und wenn doch, so wirkt diese Folgsamkeit/Fügsamkeit nur hohl, anbiedernd, gequält oder aufgesetzt
So unwillig, wie diese Schüler in den Wald hinein rufen, so schallt es auch heraus.
(Bzw. ihr Unwille ist eine „selbsterfüllende Prophezeiung“.
Nebenbei: der Inbegriff von Lehrerwillkür sind für viele Schüler aber
Interpretationen
[vor allem im Fach Deutsch].
Das liegt wohl daran, dass
Schülern nunmal noch viele [historische, intertextuelle ...]
Hintergründe fehlen und sie somit Anspielungen nicht heraushören können,
Lehrer oftmals Texte nicht wörtlich [!] genug nehmen,
Interpretationen [Anspielungen, Assoziationen] oftmals nur durch
„Indizienbeweise“ belegt werden können,
es Lehrern [warum auch immer] nicht gelingt, ihre eigenen oder
wissenschaftliche Interpretationen überzeugend zu vermitteln,
sondern diese Interpretationen den Schülern als pure Willkür
erscheinen
und es
Schülern immer erscheint, als müsse man etwas [?] krampfhaft in Texte
"reininterpretieren" [also etwas, was gar nicht vorweg in ihnen ist]
statt aus ihnen "rausinterpretieren".
Deswegen machen viele Schüler höchstens „dem Lehrer bzw. guten Noten
zuliebe“ Interpretationen - und interpretieren das Blaue vom Himmel
herunter: sie schreiben in Klassenarbeiten in einer Art Schrotschussladung
möglichst viel und hoffen, dass die eine oder andere Schrotkugel vielleicht
doch den [tatsächlich oder vermeintlich völlig subjektiven] Geschmack des
Lehrers trifft.)
Nun gibt es zwar auch genialische Schüler, die erstklassigen Inhalt in
schludriger Form liefern, aber „schlechte“ Schüler dokumentieren
oftmals
(so kommt es zumindest [vielleicht zu unrecht] den
Lehrern vor)
schon allein durch ihre miserable Schrift, Unordnung beim
Textaufbau sowie lose Blätter mit Eselsohren, wie desinteressiert sie
sind.
(... was ich manchmal als grobe
Unhöflichkeit empfunden und wobei ich dann doch gedacht habe: was muss
man sich als Lehrer eigentlich alles gefallen lassen?! Und so manchmal
war mir dann wirklich danach, schon allein wegen der miserablen äußeren
Form die Note zu senken.)
Man kann als Lehrer wohl nicht ganz drumherum: „die Augen essen mit“, d.h.
wenn eine Klassenarbeit (oder auch Hausaufgabe)
äußerlich
schludrig angefertigt ist, wird es wohl auch mit dem Inhalt nicht weit
her sein,
und umgekehrt: wenn eine Klassenarbeit (ich sag‘s bewusst so
maniriert altertümlich:) adrett angefertigt ist, wird auch ihr Inhalt
gut sein.
Gerade weil man sich diesen Mechanismus eingesteht, ist man als Lehrer
vielleicht auch bereit, in einem zweiten Schritt Ausnahmen zu sehen.
Beispielsweise gibt es Klassenarbeiten von einer gewissen Sorte
kreuzbraver bis geradezu streberhafter Schüler, die
überaus ordentlich angefertigt sind,
bei denen aber schon allein die druckreife Schrift völlig steril
und unpersönlich und dazu passend der Inhalt "uninspiriert" ist: solche
Schüler hören sehr wohl auf einen, ja, wollen einem alles allzu sehr
recht machen, zeigen aber nie auch nur einen Funken eigenen Verstand,
beweisen also, dass es eben nicht reicht, alle Anregungen bzw.
Vorschriften des Lehrers sklavisch zu erfüllen
(aber solche Schüler bekommen damit
eben doch immer noch ein „befriedigend minus“).
Ein dritter Grund, warum Schüler nicht auf einen „hören“, besteht vielleicht
darin, dass sie aufgrund reihenweise negativer Vorerfahrungen
(und zwar durchaus auch, wenn sie sich [zumindest kurzfristig] mal richtig Mühe
gegeben hatten)
völlig resigniert sind, sich
also denken:
„Es bleibt sich gleich, ob ich die
(für „bessere“ Schüler vielleicht
sogar sinnvollen)
Anweisungen bzw. Tipps des Lehrers befolge oder
nicht: ich habe sowieso keine Chance, also brauche ich sie auch nicht zu
nutzen.“
Ein vierter Grund besteht wohl darin, dass sich ungestüme Schüler andauernd
überschätzen bzw. zu viel zutrauen:
„Ich brauche in der
Mathematik keine Zwischenrechnungen, sondern bekomme das auch ohne sie hin.“
(Und es gibt Schüler, die das tatsächlich schaffen.)
Merkwürdig daran ist aber, dass Schüler aus ihrer Selbstüberschätzung nichts
lernen: nachdem bei ihnen das Rechnen ohne Zwischenschritte reihenweise schiefgegangen
ist, wollen sie noch immer nicht davon ablassen:
„Dieses Mal wird‘s schon bzw. irgendwann muss es doch mal klappen.“
(Was für eine Blindheit - oder was für ein
beneidenswerter Optimismus bzw. ein unerschütterliches Selbstvertrauen!)
Vielleicht der wichtigste (und fünfte) Grund dafür, dass Schüler nicht auf
einen „hören“, ist aber, dass die Anforderungen und Tipps der Lehrer nicht
überzeugend sind
(falls sie überhaupt jemals
begründet
wurden).
Ich komme da nochmal auf den Satz
„wenn wir zum Essen gerufen wurden und den Ruf durchaus gehört, aber noch
Anderes [Besseres?] zu tun hatten“
zurück, in dem ich hinter „Besseres“ noch ein eher rhetorisches Fragezeichen
gestellt hatte, mit dem doch arg bezweifelt, wenn nicht gar rundweg verneint
wurde, dass das „Andere“
(also z.B. ein Spiel zu Ende zu spielen
oder ein Kapitel in einem Buch zu Ende zu lesen)
wirklich besser war:
aus Sicht meiner Eltern war es wohl besser, umgehend zum Essen zu kommen
(z.B., weil das Essen sonst kalt wurde),
aus Sicht von uns Söhnen war es aber manchmal besser (= wichtiger), z.B. erstmal ein Spiel zu Ende zu spielen
(das Essen konnte warten oder
; wobei
das Wieder-Aufwärmen allerdings mindestens den einen Nachteil hatte, dass es Mehrarbeit für
meine Mutter bedeutete).
Wenn wir Söhne aber doch pünktlich zum Essen kamen, dann
unseren Eltern zuliebe bzw. weil diese das einfach verlangten,
aber nicht aus eigenem Antrieb
(es sei denn, wir hatten mal wieder einen
Bärenhunger).
Und genau so haben wohl viele Schüler das Gefühl, ihnen blödsinnig
erscheinende Anordnungen oder Tipps
nur dem Lehrer (und einer guten Note) zuliebe befolgen zu müssen,
aber nicht aus eigenem Interesse.
Wie der Gärtner der Honeckers mal sinngemäß gesagt hat:
„Die Anordnungen von Margot Honecker bzgl. ihres Gartens
in der Bonzensiedlung Wandlitz waren oftmals völlig blödsinnig, aber wenn sie es
gewollt hätte, hätten wir die Bäume auch wohl mal mit den Wurzeln nach oben
eingepflanzt.“
Wenn man aber etwas nur einem anderen zuliebe tut, dann tut man es oft nur
„pro forma“:
Zwei Beispiele, die ich oben schon mal kurz genannt hatte:
da wird ein mit minimalem Aufwand erstelltes und
inhaltlich miserables Referat mit ebenso minimalem Aufwand in einen ordentlichen
Ordner geheftet, wobei die Schüler wohl hoffen, dass der Lehrer auf die
ansprechende äußere Form reinfällt (nochmals: „die Augen essen mit“) und deshalb
wohlwollend über den miserablen Inhalt hinwegsieht. Die äußere Form ist also nur
ein „potemkinsches Dorf“:
Dazu eine kleine Anekdote: in der Grundschule hatte mein
Sohn im Fach „Sachkunde“
(was für ein nichtssagender Titel!; da finde ich - wie es
früher hieß - „Heimatkunde“ doch viel besser)
eine bekanntermaßen ziemlich bescheuerte Lehrerin, die
allen Ernstes von Grundschülern (!) ein perfektes Poster zum Thema
erwartete. Ich habe
dann mit erheblichem grafischem Aufwand („Photoshop“!) ein DIN-A-0-großes Poster
entworfen, es auf einem Groß-Farb(!)-Drucker ausgedruckt und danach noch in
Folie eingeschweißt.
Ein paar Tage später blaffte mich der Vater eines anderen
Grundschulkinds spaßeshalber an:
„Na, du alter Streber, da hast du ja ein tolles »sehr
gut« bekommen und damit die Preise kaputt gemacht. Ich [= dieser andere
Vater] habe - schnief! - nur ein »gut minus« bekommen.“
Da fragt sich nur:
war die Lehrerin wirklich so blöd, das Poster für die
eigene Leistung meines Sohnes zu halten
(gibt es also wirklich Lehrer, die auf
potemkinsche Dörfer reinfallen?),
oder war es ihr völlig egal, dass das Poster
offensichtlich nicht von ihrem Schüler (= meinem achtjährigen Sohn), sondern einem
Erwachsenen (= mir) stammte?
Aber werden wir doch mal
positiv
bzw. konstruktiv : (wie) kann die ordentliche
äußere Form zum eigenen Bedürfnis von Schülern werden?
Vor Einführung von G8 und überhaupt all der
Post-PISA-Reglementierungen, also vor dem immer krasseren Stoff- und
Klausurdruck hatte man in der 10. Klasse noch Zeit für "Ausflüge", die ein wenig
vom stumpfen Lehrplan wegführten.
(Man muss sich den beamtendeutschen
Blödsinn nur mal auf der Zunge zergehen lassen:
was früher schlicht "10. Klasse" hieß, heißt
heutzutage "EF" als Abkürzung für das monströse Wort "Ein-füh-rungs-pha-se"
[und die Schüler in der EF werden dazu passend manchmal
liebevoll "Effchen" genannt],
was früher schlicht "11. Klasse" hieß, heißt
heutzutage "Q1" als Abkürzung für das monströse Wort "Qua-li-fi-zie-rungs-pha-se 1",
was früher schlicht "12. Klasse" hieß, heißt
heutzutage "Q2" als Abkürzung für das monströse Wort "Qua-li-fi-zie-rungs-pha-se 2",
keiner lacht darüber
und konservative Geister, die sich nicht an die neue
Sprachregelung halten, werden erschossen.)
Solch ein "Ausflug" bestand für mich darin, die Schüler
im Deutschunterricht mal gründlich auf die Anfertigung von Referaten vorzubereiten, also
nicht
einfach Referatthemen zu vergeben
(die keine Sau interessieren),
die Schüler damit wochenlang
alleine zu
lassen
und dann die fertigen Referate einzusammeln und abzuurteilen,
sondern die Schüler während des gesamten Prozesses der Referatanfertigung zu
begleiten:
bei der Themenfindung /-erweiterung
/-eingrenzung,
beim Finden vertrauenswürdiger Quellen (Internet
und von mir besorgte Bücher),
bei der Strukturierung der Referate,
beim Zitieren,
beim Schreibprozess,
beim (Computer-)Layout
(z.B. wurde die
Benutzung eines Textverarbeitungs- oder einfachen
Bildbearbeitungsprogramms und evtl. von Powerpoint nicht einfach
vorausgesetzt
[„bringt es euch gefälligst
selbst bei
- oder lasst es einfach eure Eltern machen“],
sondern im Computerraum
ausdrücklich geübt).
Diese über ein halbes
Jahr laufende Begleitung fand
teilweise in Gemeinschaftssitzungen
statt
(z.B. „wie benutzt man einen Computer oder warum
zitiert man und wie tut man es richtig?“);
teilweise in
Einzel-Beratungsgesprächen
(z.B. bei der
Themenauswahl).
Insbesondere wegen der periodischen
Einzelberatung von ca. 30 Schülern war dazu eine detaillierte und rigide
Zeitplanung nötig: wenn ein Schüler zu einem vorgegebenen Termin nicht
Zwischenergebnisse lieferte, ging das negativ in seine Endnote ein.
Und beim Termin der Abgabe des fertigen Referats galt eine eiserne
Regel: wer ohne triftige Entschuldigung
(also nicht
„mein Drucker tat‘s nicht“)
einen
Tag zu spät abgab, bekam
eine Zensursenkung von einer Note, wer zwei Tage zu spät abgab, bekam eine
Zensursenkung von zwei Noten usw.
(Nebenbei:
den Schülern mussten die Konsequenzen von „Fehlverhalten“
vorweg klar sein;
in dem halben Vorbereitungsjahr lief ansonsten anderweitiger Unterricht
z.B. über Liebeslyrik oder Filmtechnik;
der brutale Abgabetermin war
vor allem nötig, weil ich danach ja noch ca. 30 [eine weitere Vorgabe:] bis
zu zehn Seiten lange Referate korrigieren und mich dazu auch noch thematisch
fit machen musste;
zusätzlich zum schriftlichen Referat musste jeder
Schüler noch einen fünfminütigen Vortrag halten, damit auch die
anderen
Klassenkameraden an seinen Erkenntnissen teilhaben konnten;
auch der
mündliche Vortrag [und z.B. der Einsatz elektronischer Medien dabei] musste
vorher geübt werden.)
Ich höre schon den Einwand, dass solch
ein Zwangsregime doch reichlich wenig „positiv“ mit der Frage „warum hören
die Schüler nicht auf einen?“ zu tun hätte, sondern dass es erst
recht dazu
führen würde, dass die Schüler Vorgaben ohne Überzeugung
nur dem Lehrer bzw.
der Schulnote zuliebe erfüllen würden - oder auch nicht.
Nun, der Köder bestand darin, dass die Schüler zwar dem zeitlichen
und formalen Zwangsregime unterlagen, aber thematisch volle Freiheit
hatten:
sie mussten nicht (durften aber sehr wohl) typische Deutsch-Themen
behandeln
(also z.B.
),
sondern
durften beliebigen persönlichen Interessen nachgehen
(ob das "ordentlich" geschah, ließ sich sehr wohl mit einer Deutsch-Note
beurteilen).
Ich habe dann Referate z.B. zu folgenden Themen
bekommen:
"Läuse",
"Die Geschichte der Jeans",
"Warum ist
Goethes »Faust« so berühmt - und ist er das [meiner Meinung
nach] eigentlich zurecht?"
"Ein Vergleich der Harry-Potter- mit den Star-Wars-Filmen",
"Die »Gelbe Wand« [im
des BVB]"
(so viel Zeit muss sein: vgl.
!),
"Robbie Williams"
(was natürlich nicht ein
reines Fanzine bleiben durfte),
"Die Herstellung eines Betts nach eigenen Plänen"
(wobei hinterher das Referat über Planung und Herstellung des Betts, aber
natürlich nicht das [nicht rechtzeitig fertig gewordene und nicht ganz
geglückte] Bett selbst bewertet wurde;
sehr schön war da nebenbei die
Mitarbeit des Vaters der Referentin: er [gelernter Schreiner!] hatte ihr viele handwerkliche Tricks
vorgemacht, aber eisern darauf bestanden, dass sie es dann selbst probierte;
das zu bauende Bett hat er kein einziges Mal berührt und dieses Bett
hatte durchaus kleine Mängel, die einem professionellen Schreiner
niemals unterlaufen wären).
Dabei habe ich immer auf den Stolz der Schüler angespielt:
: ich habe den Schülern ja (allzu) oft gepredigt, dass ich
ihnen zweierlei wünsche:
Eigeninitiative und damit auf die Dauer wohl
auch Erfolgserlebnisse in mindestens einem Schulfach
(z.B. Lektüre über das im Unterricht Verlangte hinaus),
dass
die Schüler in einem Hobby
(z.B. Erstellung von
youtube-Filmen, Sport, Briefmarkensammeln, Nasepopeln)
zwar
nicht gerade Weltspitze, aber doch besser als alle Freund und Verwandten im Umkreis
von 537 m sind - und dafür Anerkennung bekommen und darauf stolz sind.
Mit den Referaten, deren Themen die Schüler
selbst festlegen
konnten, hatten sie nun endlich Gelegenheit, solche Hobbies "raushängen" zu
lassen oder überhaupt erst zu entdecken. Ja, sie hatten sogar ausnahmsweise
mal die Gelegenheit, schlauer als der Lehrer (ich) zu sein
(und umgekehrt habe ich diese Referate ja ausnahmsweise sogar
mal gerne korrigiert, weil ich da nicht 30 mal das [oftmals unausgegorene]
selbe lesen musste und viel Neues erfahren habe).
A propos "Hobbies [...] überhaupt erst zu entdecken":
von keinem
Schüler wurde verlangt, dass er bereits vorweg Experte bzgl. seines Themas
war, sondern die Referate waren ausdrücklich Forschungs- und
Entdeckungsreisen , weshalb
folgende Unterpunkte verpflichtend waren:
in
der Einleitung:
"Warum ich mich mit diesem Thema beschäftige",
"was ich herausfinden möchte" ("Forschungsfrage")
(und ich habe immer darum
geworben, dass die Schüler sich mit etwas beschäftigten, was sie schon immer
wissen / verstehen / können wollten, bislang aber noch nicht
wussten / verstanden / konnten; also z.B.: „warum eigentlich kann ein
hunderte Tonnen schwerer Jumbo Jet überhaupt fliegen - und welche Erklärung
dafür überzeugt mich wirklich?“),
im Hauptteil:
"wie ich zu meinen Erkenntnissen gekommen bin"
(u.a. auch "wie ich vorgegangen bin und welche
Schwierigkeiten sich ergeben haben und wie/warum ich sie [nicht]
lösen
konnte"),
im Schlusskapitel:
"habe ich herausgefunden, was ich mir
anfangs [in der Einleitung] vorgenommen hatte / habe ich anderes herausgefunden [und
z.B. auch meine Meinung geändert]?",
"was hat mir der Schreibprozess
gebracht [welche Erfolgserlebnisse / Frustrationen]?".
Fakultativ war
zudem die Frage: "wie sag ich's meinem Kinde, d.h. wie erkläre ich Laien,
was ich selbst schon lange konnte bzw. verstanden habe?"
Hier war es
also durchaus Absicht, dass die Schüler ihre Referate von Familienmitgliedern und
Freunden kritisieren ließen, also nicht ganz allein vor sich hin bosselten.
Und Absicht hinter den verpflichtenden Unterpunkten war natürlich auch,
dass die Schüler in der jugendlichen ("unwissenschaftlichen") Ich-Form
schrieben: eine Perspektive, die ihnen beispielsweise Eltern nicht so leicht
abnehmen konnten.
und endlich zurück zu meinem eigentlichen Thema
hier: wer sein Referatthema selbst wählen konnte und bei der Erstellung
eigene Stärken entdeckt hatte, würde hoffentlich auch motiviert (!) sein,
das Ganze in einer ordentlichen und ansprechenden Form abzugeben.
Solch eine Einstellung habe ich auch dadurch zu fördern versucht, dass ich
schon vorweg angekündigt habe, die hoffentlich schönen Referate nicht durch
Rumkritzeln mit Rotstift in ihnen entstellen zu wollen. Und außerdem habe
ich natürlich dick aufgetragen, indem ich sagte, wohl kaum jemand werde
irgendwelche Klassenarbeiten aufbewahren, aber auf ein mit Freude erstelltes
und schön verpacktes Referat werde man noch viele Jahre später stolz
(!) sein
(und in der Tat habe ich Jahre später eine Email von einem ehemaligen
Schüler bekommen, der darin erzählte, dass er zufällig sein damaliges
Referat wiedergefunden und es nochmals mit Stolz gelesen habe).
Die
meisten Schüler haben dann tatsächlich äußerlich schöne Exemplare abgegeben, und einige haben
sich sogar enorme Mühe dabei gegeben. Schönstes Beispiel war ein Referat
über Holz
(vgl.
),
das
von der Referentin in einem perfekt gestalteten
Holzeinband
(sogar mit Intarsienschrift, deren Anfertigung auch Thema
in dem Referat war)
abgeliefert wurde.
(Nebenbei: es ist
heutzutage mit Computern leicht, ein ordentliches, oftmals aber auch ewig
gleiches Layout abzuliefern. Ich habe mich allerdings vor allem immer
besonders über traditionell handschriftliche Referate gefreut. Das schönste
war da ein Referat zum Thema "Visuelle Gestaltung von Gedichten", in dem die
Handschrift sogar als künstlerisches Mittel eingesetzt wurde.)
Zwischenschritte bei Rechnungen in der Mathematik:
wohl kaum ein Schüler wird auf Anhieb
langwierige Rechnungs-Zwischenschritte als wünschenswert ansehen, und zwar
vor allem aus zwei Gründen:
Schüler wollen
Mathematik-Klassenarbeiten aus verständlichen Gründen möglichst schnell
hinter sich bringen
("es ist immer so schön, wenn der Schmerz endlich
nachlässt");
die meisten Mathematik-Klassenarbeiten sind derart mit
Aufgaben zugepflastert, dass sogar "gute" Schüler so gerade eben (wenn
überhaupt) fertig werden, sich die Zensur also schon allein dadurch
entscheidet, wie viele Aufgaben jemand überhaupt (geschweige denn richtig)
schafft: da bleibt dann (scheinbar) keine Zeit für Zwischenrechnungen,
sondern wenn man überhaupt durchkommen möchte, muss die
erste schnelle
Antwort stimmen - oder hat man sowieso keine Chance mehr.
(Da wird
also von Schülern eine rasend schnelle und auf Anhieb richtige Arbeitsweise
verlangt, die
[von wenigen Ausnahmen abgesehen]
weder Wissenschaftler noch Schriftsteller hinlegen: diese
lesen sich das Geschriebene nochmals mehrfach durch und bessern - oftmals
erst nach einer Erholungsphase - immer wieder nach.
Ich habe dieses
Nach-Denken auch mal bei [allerdings Deutsch-]Klassenarbeiten zu initiieren
versucht, indem ich die Klassenarbeiten in der Folgestunde [also einen Tag
oder mehrere Tage später] zum Verbessern nochmals ausgeteilt habe.
[Nebenbei: es hat mich dabei
(und diese Einstellung ist noch
viel
wichtig als , wenn man sich als Lehrer
überhaupt noch pädagogische Freiheiten
bewahren will)
reichlich wenig interessiert, ob solches Nachbessern
erlaubt war. Und ich konnte ja auch nicht nachfragen, denn
schließlich soll man nicht
wecken
(die im
Zweifelsfall aus Angst vor der eigenen Courage sowieso alles verbieten).]
Nun hatten die Schüler inzwischen natürlich über die Klassenarbeit
miteinander geredet
und hätten sie somit fremde gute Erkenntnisse nachtragen können. Deshalb
durfte beim „Nachschreibetermin“ [leider] nicht mehr inhaltlich verbessert
werden, wohl aber die äußere Form sowie Rechtschreibung, Satzbau,
Zeichensetzung usw.
Damit aber nicht doch neue Inhalte reingemogelt
wurden, musste die Nachbesserung mit Bleistift erfolgen und dadurch
erkennbar
sein.
Zudem durften nicht zwei Versionen “gleichberechtigt“
nebeneinander stehen
[„lieber Lehrer, such´ dir gefälligst selbst
aus, was dir richtig erscheint“],
sondern eine der beiden Versionen
[in der Regel die ältere] musste durchgestrichen werden, und zwar derart,
dass man [wieder zwecks Vermeidung neuer Inhalte] dennoch deutlich erkennen
konnte, was da vorher stand.
Gewertet wurde dann die neue, in der
Regel bessere Version
[wobei es manchmal für die Schüler ärgerlich
war, wenn sie „verschlimmbessert“ hatten].
Dieses
Nachbesserungsverfahren allein bringt aber noch nicht viel, sondern der
Lehrer muss den Einzelschülern bei der Korrektur auch explizit zeigen, dass sich die
Nachbesserung wirklich gelohnt hat.
Die Nachbesserung war freiwillig
- und schon bald zeigte sich ein merkwürdiger Effekt:
„schlechte“
Schüler waren oftmals nicht mal zur Nachbesserung bereit oder mit ihr
schnell fertig,
„gute“ Schüler feilten noch weitere 45 Minuten an ihren
Texten und hätten am liebsten noch zwei Stunden weiter gefeilt.
Man
könnte auch sagen:
die „schlechten“ Schüler waren ja gerade deshalb
„schlecht“, weil sie gar keine Verbesserungsmöglichkeiten
erkannten
[oder
auch nur zu faul oder zu resigniert für Verbesserungen waren],
und die „guten“ Schüler waren gerade deshalb “gut“, weil
sie selbstkritisch immer noch weitere Verbesserungsmöglichkeiten erkannten
[viele "richtige" Mathematiker sind sich jederzeit
bewusst, dass sie beim schnöden Rechnen ziemlich schwach auf der Brust sind
(vgl. ),
sich also liebend gerne
verrechnen, und deswegen
rechnen sie immer alles doch lieber nochmal nach;
sie haben allerdings zwei Vorteile:
sie wissen oftmals, was überhaupt rauskommen kann
(z.B. kann eine
quadratische Funktion nicht drei
Nullstellen haben)
und misstrauen allen "schiefen", also unschönen
Rechenergebnissen].
So gesehen war die
Nachbesserung nur eine selbsterfüllende Prophezeiung - und ich habe bislang
keine Möglichkeit erkannt, das aufzubrechen.
Ich hatte soeben
gesagt:
„Nun hatten die Schüler inzwischen natürlich
über die Klassenarbeit geredet und hätten sie somit fremde gute Erkenntnisse
nachtragen können.“
Aber wieso wäre das überhaupt so schlimm bzw.
eine Gefahr?:
weil ein Schüler wegen Krankheit nicht an
einer Klassenarbeit teilgenommen hatte, musste er diese
„nachschreiben“, und da hatte ich ihm aus purer Faulheit einfach mal
dieselbe
Klassenarbeit gegeben, die seine Mitschüler schon beim Originaltermin
geschrieben hatten; er aber hat trotzdem eine 5 geschrieben;
als ich während einer
Kunst-Leistungskurs-Klausur die Aufsicht übernehmen musste und dazu den
Kunstraum betrat, unterhielten sich die Schüler angeregt und war der
Kunstlehrer gar nicht anwesend; als er nach einiger Zeit dann doch
auftauchte, habe ich ihm mein Erstaunen mitgeteilt, worauf er nur
antwortete: „Schau dich doch mal um, die Klausuren sind dennoch teilweise
5.“
Man könnte auch resigniert sagen:
die einen Schüler können‘s
sowieso schon,
die anderen lernen‘s nie.
Und dennoch war es
immer mein besonderes Anliegen, die „schlechten“ Schüler zu erreichen und
ihnen zu besseren Noten zu verhelfen.)
Wichtig beim Thema "Zwischenschritte bei Rechnungen in der Mathematik" ist,
dass die Schüler diese nicht nur "dem Lehrer zuliebe" machen - oder sie
genau deswegen weglassen.
Sondern sie müssen an konkreten Beispielen
erleben, dass ihnen solche Zwischenschritte tatsächlich geholfen haben. Das
müsste in der Korrektur von Klassenarbeiten also ausdrücklich erwähnt werden
(bzw. es müsste da
konkret gezeigt werden, wieso fehlende
Zwischenschritte kontraproduktiv waren;
nur kurz abgehakt sei hier,
dass Lehrer auch deshalb Zwischenschritte erwarten, damit die Schüler nicht einfach das
[richtige?] Endergebnis vom Nachbarn abschreiben).
Eine Möglichkeit für die Schüler zu erkennen, dass Zwischenschritte für sie
selbst hilfreich sind, ist es, dass diese (falls vorhanden) mitbewertet
werden.
Nun gibt es allerdings zwei Arten Mathematik-Lehrer:
die einen machen es sich
(sei's aus
Faulheit, sei's wegen
Korrekturüberlastung)
einfach und schauen nur die Endergebnisse der
Rechnungen an: sind diese richtig, so gibt es die volle Punktzahl, sind sie
falsch, gibt es null Punkte; Zwischenschritte werden von solchen Lehrern nicht mal
angesehen und also auch nicht bewertet;
die anderen schauen sich alle
Zwischenrechnungen an und differenzieren:
Erstfehler ⇒ Punktabzug,
richtiges Weiterrechnen mit einem Fehler ⇒ kein Punktabzug
(dieses Verfahren kann für Lehrer ausgesprochen
mühsam sein, da sie alle
Schülerrechnungen [eben auch mit kleinen Fehlern] nachrechnen müssen;
ein fast nie berücksichtigtes Problem besteht zudem darin, dass es
häufig sehr viel schwieriger ist, nach einem Rechenfehler und
dadurch einem sehr ungünstigen Zwischenwert richtig
weiterzurechnen,
als es ohne Rechenfehler ist.
Schüler,
die sich verrechnen, werden also doppelt und dreifach
bestraft.)
Beim völligen Weglassen von Zwischenrechnungen besteht dann aber die
Gefahr, dass es für ein nacktes falsches Endergebnis gar keine Punkte gibt.
(Nebenbei: die
unterschiedlichen
Korrekturverfahren können dazu führen, dass die Klassenarbeit eines
Schülers, der eigentlich ein guter Mathematiker ist, sich aber
andauernd verrechnet, bei dem einen Lehrer „mangelhaft“, bei dem
anderen „gut“ ist. Es ist ja ein Riesenirrtum bzw. pure Ideologie zu
meinen, Mathematiknoten seien objektiv oder zumindest „objektiver“ als
die Noten in anderen, „weichen“ Fächern.)
Den Vorteil von Zwischenrechnungen muss man den Schülern immer mal
wieder an Beispielen
(am besten aus ihren
eigenen Klassenarbeiten)
aufzeigen:
ein einziger Fehler und damit normalerweise auch
ein falsches Endergebnis ist noch lange kein Weltuntergang, sondern kann
durchaus ein "gut" bedeuten.
Vielleicht überzeugt es ja Schüler, wenn
man es folgendermaßen zuspitzt: Zwischenrechnungen machen sie
sich
selbst zuliebe
und um die Lehrer mit langen Korrekturen zu bestrafen.
Ein weiterer Vorteil von Zwischenrechnungen ist, dass Schüler, wenn sie
eine Rechnung
(z.B., weil das Endergebnis offensichtlich falsch ist)
nochmals überarbeiten wollen
(wozu sie in
Klassenarbeiten aber sowieso meistens keine Zeit haben),
genau sehen können, was sie
eigentlich vorhatten und wo sich Fehler eingeschlichen haben, wo also
nachgebessert werden kann.
(Nebenbei: ich habe Schülern immer viele
Punkte dafür versprochen und fallweise auch gegeben, wenn ihnen auffiel,
dass ein Endergebnis nicht stimmen konnte
[sie aber keine Zeit
hatten, das nachzubessern],
und wenn sie das auch noch begründen
konnten.
Und genauso habe ich in Deutscharbeiten Punkte dafür
vergeben, wenn Schüler am Ende in Stichpunkten notiert haben, was sie leider
zeitlich nicht mehr geschafft haben, aber noch vorhatten.)
Ebenso
muss man den Schülern (gegebenenfalls anonymisiert) aufzeigen, was passiert,
wenn jemand sich zu viel auf einmal (zu viele gleichzeitige Rechnungen)
zutraut - und dass es besser ist, sich beispielsweise erst mal nur einzelne
Teile eines komplizierten Terms vorzunehmen - und den Rest lange Zeit
unverändert (wenn auch mit viel Schreibarbeit) "mitzuschleppen"
(auch, um diesen Rest nicht zu vergessen).
Nun gibt es aber Schüler,
die partout nicht rechnen können.
Ein Beispiel: derzeit habe ich eine
Nachhilfeschülerin, bei der schon in der Grundschule Dyskalkulie
diagnostiziert wurde und die deshalb während ihrer Grundschulzeit immer
(nur) im Fach Mathematik schlechte Noten „mit nach Hause brachte“
(... wobei hier mal dahingestellt sei, ob Dyskalkulie eine nunmal
angeborene
und deshalb nie vollends reparable „Teilleistungsschwäche“ oder
doch eher
die Folge falscher Vermittlung des Rechnens ist; vgl. Wolfram Meyerhöfer
).
Diese Rechenschwäche setzte sich dann an der
weiterführenden Schule beim Thema Bruchrechnung fort. Oder genauer: die
Schülerin beherrschte sehr wohl die Bruchrechengesetze, bekam aber sofort
wieder Probleme, wenn es dann doch ums Zahlenrechnen (also z.B. Kürzen)
ging.
Man muss als Lehrer beim Korrigieren von Klassenarbeiten aber
schon sehr genau hinschauen, um herauszufinden, woran es hapert: nur am
Alten (Rechnen) oder (auch) am Neuen (Anwendung von Bruchrechenregeln)? Und
entsprechend hat es bei mir auch einige Zeit gedauert, bis ich hellhörig
dafür wurde, dass die Schülerin vielleicht nur Rechen-, aber nicht im
eigentlichen Sinne mathematische Probleme hatte.
(Für
Schüler, die unter Dyskalkulie "leiden", ist aber der Taschenrechner
[bei
all seinen sonstigen Nachteilen]
eine wahre Wohltat!
Nebenbei: ich
habe auch mal einen Schüler erlebt, der ein wandelnder Taschenrechner,
ansonsten aber [aus welchen Gründen auch immer] miserabel in Mathematik war:
weil er in den Schulstunden immer geistig abwesend war
, musste er für
kompliziertere anfallende Rechnungen erst geweckt werden, die er allesamt
rasend schnell im Kopf durchführte - und konnte danach weiterschlafen.
Und dann gab es noch den chinesischen Schüler, der zwar kaum ein Wort
Deutsch, aber [was ich grenzenlos bewundert habe:] Kurvendiskussionen
komplett im Kopf durchführen konnte.)
Interessanterweise hatte
die Schülerin aber beim mathematischen Teilbereich Geometrie nie sonderliche
Probleme
(obwohl doch
Rechnen angeblich sehr mit räumlichen
Vorstellungen zusammenhängt)
- und auch dann nicht mehr, als in der
Algebra die eigentliche Mathematik (z.B. Vereinfachen von Termen, Lösen von
Gleichungen) begann, ja, da stellte sie sich plötzlich als richtig gute
Mathematikerin heraus, die überhaupt nur noch Nachhilfe brauchte, weil sie
wegen ihrer nachhallenden Angst vor Mathematik immer neuer Bestätigung
bedurfte.
(Ihre Rechenunfähigkeit
bleibt allerdings ein ewiger
Hinkefuß.)
Wegen dieser Schülerin frage mich,
ob es zumindest für einige Schüler nicht viel besser wäre,
wenn in
der einen oder anderen Mathematik-Klassenarbeit gar nicht mehr gerechnet
werden müsste
(also auch keine Zwischenschritte),
oder sie die Wahl
hätten zwischen einer Rechen- und einer Nicht-Rechen-Arbeit,
ob also
für sie "mathematischere" Klassenarbeiten vielleicht sogar einfacher wären.
Ein Beispiel für solch eine "mathematischere" Nicht-Rechen-Arbeit wäre
es, wenn bei einer Kurvendiskussion
die Nullstellen, Extrema und
Wendepunkte gar nicht ausgerechnet werden müssten,
sondern zu zeigen wäre,
wie viele Nullstellen, Extrema und Wendepunkte beispielsweise
eine kubische Funktion haben kann
und was man zu ihrer Berechnung alles
tun müsste (aber nicht wirklich durchführt).
(Nebenbei: solche
"Struktur-Klassenarbeiten" habe ich auch mal im Fach Deutsch schreiben
lassen: da musste
nicht eine vollständige Gedicht-Interpretation
geschrieben,
sondern "nur" [?] ein "wohlstrukturiertes"
Inhaltsverzeichnis für eine Gedicht-Interpretation entworfen werden: und
endlich hatten die Schüler mal genug Zeit, vorhernachzudenken, statt
blindwütiglos- und ununterbrochen weiterzuschreiben!
Eine
interessante, von mir aber nie durchgeführte Idee wäre es da aber, in einer
Folgestunde das erarbeitete Inhaltsverzeichnis tatsächlich in eine
Gedicht-Interpretation umzusetzen, also Fleisch an die Knochen zu bringen.
Das Erstellen eines Inhaltsverzeichnisses musste allerdings auch vorher im
Unterricht geübt werden.
Und ebenfalls nebenbei: Schülern ist im Fach Mathematik auch zu empfehlen
[aber auch darauf „hören“ sie leider nur selten],
nicht bloß Zwischenschritte, sondern diese auch untereinander zu machen. Vgl.
.)
Andere Beispiele für
„Nicht-Hören(-Wollen):
bei gewissen Leuten
(u.a. meiner „bessere
Hälfte“)
kann man sich den Mund fusselig reden, dass sie
doch bitte
frühzeitig
(und dann relativ entspannt)
mit der Arbeit anfangen,
statt alles auf den letzten Drücker zu machen
(und dann
in heillose
Torschlusspanik zu geraten
und ihre liebe Verwandtschaft damit zu
tyrannisieren).
Bei allen Textanalysen
(nicht nur im Fach
Deutsch)
ist es ratsam, am besten sogar in mehreren, wohldefinierten Farben
(z.B.
Rot für Metaphern)
Textpassagen anzustreichen.
Aber nein: es gibt ganze
Schülerhorden, die allen Ernstes meinen, nichts anstreichen zu müssen und
dennoch Überblick über die verschiedenen Textelemente behalten zu können. Um es
mit Ernst Jandl zu sagen: „werch ein Illtum“!
(Nebenbei: man sollte als Lehrer
Sonderpunkte für sinnvolle Unterstreichungen geben, die ja sogar beweisen, dass
jemand Wichtiges gesehen hat, das genauer zu beschreiben er hinterher aber
vielleicht keine Zeit mehr hatte. Überhaupt sollten Schüler all ihre Notizen
[„Schmierpapier“, Nebenrechnungen] den Klassenarbeiten beilegen. Diese Notizen
[und auch ihr Nicht-Vorhandensein] dürften aber grundsätzlich nie gegen die
„Angeklagten“ verwendet werden.)
Vor Jahren habe ich mal gehört, wie ein
Schüler vor einem Klassenraum zu einem anderen sagte: „Ich krieg’ die Krätze,
wenn ich jetzt gleich auch noch in Erdkunde einen Text analysieren muss.“
Und schon gar nicht mehr können Schüler
(sowieso im Fach Deutsch, aber
zumindest in der Oberstufe zu allem Überfluss auch noch in den Fremdsprachen)
die
ewig gleiche Anweisung „analysiere & interpretiere“ hören
(zumal ihnen - s.o. -
nie klar geworden ist, was „interpretieren“ eigentlich bedeutet;
nicht näher
eingehen möchte ich hier allerdings darauf, dass Schulunterricht sowieso
viel zu textlastig ist und sogenannte „Neue Medien“ da auch keine Alternative sind;
schon eher scheint mir
eine Alternative
[oder genauer: sinnvolle Ergänzung] zu sein).
Wozu aber sind Textanalysen
überhaupt da?:
ich glaube in der Tat, dass strukturierendes Analysieren
eines der wichtigsten Lernziele in der Schule ist
(die Analyse eines Stoffs in der
Chemie ist da im Grunde dasselbe wie die
Analyse eines Gedichts im Fach Deutsch oder die Analyse eines
historischen
Zusammenhangs in Geschichte),
man analysiert aus mehreren
Gründen:
, um sich
selbst einen Sachverhalt überhaupt erst verständlich
zu machen oder sich überhaupt erst eine Meinung zu bilden
(was das
Eingeständnis impliziert, Vieles auf Anhieb nicht zu verstehen, aber auch das
Selbstbewusstsein, es sich schon noch verständlich machen zu können;bzw. es
impliziert die Bereitschaft, auch mal seine Meinung zu ändern);
, um einem
anderen
(in der Schule einem Lehrer, aber warum eigentlich nicht auch
Mitschülern?)
einen Sachverhalt
verständlich zu erklären,
, um einem
anderen
(wieder: in der Schule einem Lehrer)
zu zeigen (beweisen?), dass
man einen Sachverhalt verstanden hat.
Wieso werden Schüler aber immer wieder und bis zum Erbrechen mit Textanalysen traktiert?:
böse gesagt: weil die
Schüler es partout nicht lernen, sie nämlich blöd sind und man es ihnen
deshalb immer und immer wieder einbläuen muss, bis sogar die Dümmsten es
endlich doch noch „gerafft“ haben;
sei‘s, weil die Schüler
(bockig und
ignorant, wie sie nunmal sind)
es nicht lernen
wollen;
weil die
Schüler „Besseres“ zu tun haben - und nicht auf einen „hören“;
weil man
auch das Analysieren von Texten nunmal nicht gleich beim ersten Mal beherrscht,
sondern es
(wie in der Mathematik bestimmte Rechenverfahren)
in einem
„Spiralcurriculum“ immer wieder üben muss, bis es einem zu sämtlichen Poren
heraus kommt und man es im Schlaf beherrscht;
weil Texte im Zeitalter von Multimedia nicht mehr „das Medium der Wahl“
vieler Schüler sind?;
weil es
Lehrern nicht gelingt, Textanalysen überzeugend zu vermitteln.
(Nebenbei:
bin ich nun wahrhaft nicht dafür, sich den Interessen und auch dem
„Niveau“ von Schülern anzubiedern. Das darf aber nicht bedeuten, dass
man den Schülern immer Lichtjahre voraus ist und sie somit permanent
überfordert bzw. abhängt: die meisten Texte, die in der Schule
verbraten werden, haben aber auch wirklich rein gar nichts mit den
Schülern „zu tun“.
Wieso aber überhaupt immer wieder Texte, Texte, Texte statt im Zeitalter des Computers endlich (?) "Multimedia"
[also z.B. Filmanalyse]?
vielleicht einfach, weil die Lehrer keine „digital natives“,
sondern noch mit Texten groß geworden sind und davon nicht lassen
können, ja, das Medium Text
[typisch bei einem Medienwechsel; vgl. zu
Beginn des Videozeitalters "Buchhüllen" für Videokassetten:
]
für allen anderen Medienarten "kulturell
überlegen" halten;
, weil beispielsweise die Dokumentation einer Filmanalyse eben doch zumindest teilweise wieder
sprachlich [textlich] ist;
: Texte haben gewisse Nach- und Vorteile:
ein [zumindest auf den ersten Blick] Nachteil von Texten besteht
darin, dass sie sehr abstrakt sind, nämlich nur eine Ansammlung von
Druckerschwärze
, also reiner
Sprache sogar noch ohne alle Betonungen;
vielleicht ist die Abstraktheit von Texten aber gleichzeitig auch einer ihrer
Vorteile:
wenn es stimmt, dass man bei Texten sehr viel mehr eigene
Phantasie mitbringen muss als bei Bildern und Filmen, so trainieren
Texte ja
[wenn man sich überhaupt auf sie "einlassen" kann und will, wofür die Schule attraktiv
werben sollte]
vielleicht auch viel besser die Phantasie;
Bilder und Filme wirken viel suggestiver und wohl auch direkter
emotional als Texte
[Georges Simenon: "Es sind die Bilder, die recht behalten"],
und dann ist "ein Bild sagt mehr als tausend Worte" gar nicht so eindeutig
positiv;
Analysieren ist ja per se abstrakt: da wird sukzessiv eine
Ordnung entdeckt oder sogar erst erzeugt, die nicht auf Anhieb
offensicht[!]lich ist.
Texte kann man viel besser
überblicken ["da ist eindeutig ein
Absatz"] als Filme ["war da eben ein Schnitt?"], und man kann in Texten
viel besser hin- und herspringen [z.B. "Seite 14, dritte Zeile von
oben"]. Bei DVDs oder gestreamten Videodateien ist es enorm schwierig,
sekundengenau zu einer
Szene zu springen, und ein Kinofilm verläuft unaufhaltsam in eine
Richtung , d.h. man
kann nicht
zurückspringen, wenn man etwas nicht verstanden oder nicht mitbekommen hat].
[Folgt daaus, dass Jugendliche heute
angeblich (wie ich mal irgendwo gelesen habe) viel schneller und besserEinzelheiten, aber schlechter Zusammenhänge erkennen können?]
Vielleicht sind Text also viel besser zur Analyse geeignet.)
So ziemlich
jede "Analyse & Interpretation" hat aus gutem (aber den Schülern nicht
überzeugend vermitteltem?) Grund folgenden Aufbau:
kurzen Einleitung
(kurze Darstellung von Hintergründen,
Forschungsfragen etc. - und vor allem sachlich, auch wenn einem der vorgelegte
Text nun wahrhaft nicht gefällt),
langer Hauptteil
(die eigentliche Analyse & Interpretation; auch sachlich und vor allem mit
möglichst vielen Belegen aus dem zu behandelnden Text),
kurzer Schluss
(aus dem Hauptteil folgend; Antwort auf
die Froschungsfrage, begründete Bewertung / eigene Meinung).
Man markiere diese drei Teile evtl. sogar mit
Überschriften, mache vor allem aber zwischen den drei Teilen (aber
auch innerhalb ihrer nach Sinneinheiten) Leerzeilen.
Einigen Schülern kann man das zehntausend mal erzählen,
sie tun es dennoch einfach nicht.