AristotelesBildkritik
(oder die Rache der Kleingeister)

"Der Hund bellt, die Karawane zieht weiter."
"Was stört es den Mond, wenn ein Hund ihn anjault?!"

Vgl. auch Bild Bild Bild

  "Aristoteles behauptete, einen leeren Raum könne es nicht geben. Diese Vorstellung wurde sogar zu einem Prinzip: »Die Natur verabscheut die Leere.« Die Angst der Natur vor dem Vakuum wurde sprichwörtlich: der horror vacui. [...] Wie wir sehen werden, kann man die Luft aus Behältern absaugen und ein Vakuum erzeugen. Aristoteles hatte unrecht; zumindest ist das die Schlussfolgerung, sofern es nur um die Frage nach einem Entfernen der Luft geht. Mit dem Fortschritt der Wissenschaften und der Erweiterung unserer Sinnespallette um immer ausgeklügeltere Instrumente wurde deutlich, dass wir bei Weitem nicht nur die Luft entfernen müssen, bevor wir eine wirkliche Leere erhalten. Nach den Erkenntnissen der heutigen Wissenschaft ist es prinzipiell unmöglich, eine vollständige Leere zu schaffen. Vielleicht hatte Aristoteles also doch nicht Unrecht."
(Frank Close)

Ich bin ja sowieso allergisch gegen die Rache der Kleingeister an den Genies, indem etwa erstere nur Häme Über letztere gießen

("wenn ich Goethe nicht verstehe, ist Goethe blöd").

Warum können viele Menschen offensichtlich so schwer damit leben, dass andere schlauer sind/waren als sie selbst? Warum können sie einen Respekt vor der Größe anderer nicht mit gesundem Selbstbewusstsein verbinden?


Und wenn irgendwer ein Riese, ja ein Gigant war, dann Aristoteles: es passt schlichtweg nicht in meinen Schädel, wie Überhaupt jemand vor fast 2500 Jahren derart viel Wissen ansammeln konnte: eine Wissensfülle, mit der er auch 99 % der heutigen Menschen (inkl. meinerselbst) haushoch überlegen ist!

Da finde ich zweierlei kleinkariert:

  1. ihm (selbstverständlich vorhandene!) Fehler anzukreiden,
  2. ihn dafür verantwortlich zu machen, dass seine Theorien später (u.a. durch die Kirche) zur einzigen Wahrheit hochgekocht wurden.

Welch ein Undank ganz allgemein gegenüber unseren Vorfahren, ohne deren Leistungen wir auf gar keinen Schultern stehen, sondern noch immer auf dem Boden rumkriechen würden!

Und Überhaupt ist reichlich viel von dem, was Über Aristoteles "allgemein anerkannt" ist

(und auch in Schulen verzapft wird) 

reichlich falsch:


Da finde ich die folgende Bemerkungen aus dem Bild Buch des Monats 10/2007 Bild doch ausgesprochen wohltuend:

"Jahrhundertelang wurden die Lehren des Aristoteles - irrige wie visionäre - ehrfurchtsvoll und unbestritten akzeptiert. Spätere Wissenschaftler stellten Mängel an seinen Methoden fest und beklagten, dass er seine Theorien und Erklärungen nicht gründlich genug Überprüft oder die Beweisführung nicht durch wiederholte Experimente erhärtet habe. Er dokumentierte seine Untersuchungsergebnisse nicht in Form exakter Angaben zu Gewichten, Maßen, Temperaturen und Geschwindigkeiten - oft hätte er auch gar nicht die technischen Möglichkeiten dazu besessen, und wiederholt behaupteten Wissenschaftler sogar, Aristoteles' Ideen hätten in mancher Hinsicht den wissenschaftlichen Fortschritt behindert.
Es ist freilich ungerecht, die Bedeutung des großen Griechen schmälern zu wollen, indem man seine Vorstellungen an modernen Wissensstandards misst, denen sie nicht entsprechen können. Sein Einfluss auf die nachfolgenden Generationen war aber enorm, und mache seiner zentralen Vorstellungen sind bis heute gültig geblieben. [...] Dabei unterliefen ihm natürlich zuweilen Fehler, aber in der Mehrzahl der Fälle musste er im Laufe von mehr als zwei Jahrtausenden nicht korrigiert werden.
Das Werk des Aristoteles fand auch den Beifall Charles Darwins [...], der ihn als einen der größten Beobachter aller Zeiten feierte. [...]
Wenige Monate vor seinem Tod erhielt Darwin ein Exemplar von Aristoteles' De partibus animalium [...] Am 2. Februar 1882 schrieb Darwin [...]:
»Ich hatte bereits eine hohe Meinung von Aristoteles' Verdiensten, aber nicht die geringste Ahnung, was für ein wundervoller Mensch er war. Linné und Cuvier waren [...] meine beiden Götter, aber im Vergleich zu Aristoteles waren sie doch bloße Schuljungen.«"

(Dass aber "ausgerechnet" Darwin so voller Hochachtung und liebevoll Über Aristoteles spricht, sollte einen gar nicht mehr wundern: vgl.  Bild .)


Es ärgert mich auch, wenn bis heute


Und doch liegt es vielleicht in der "Natur" der Dinge, dass nach Giganten erstmal lange Zeit Stillstand herrscht

(eben weil ihre Erkenntnisse so bedeutsam sind - und die Nachhut lange Zeit braucht, um mit ihnen aufzuschließen)

und ein dann irgendwann doch folgender weiterer Fortschritt erst durch eine zeitweilige (wenn auch ungerechte) totale Ablehnung der Giganten möglich ist.

Aber wir heute haben das im Fall Aristoteles doch wahrhaft nicht mehr nötig!


Und noch so ein Gigant:


Alexander von Humboldt
„der neue Aristoteles“
(laut einer Gedenkmünze der Pariser Akademie der Wissenschaften)

Vgl. Bild


Zur Ehrenrettung des Aristoteles sollte man insbesondere das Buch

lesen

(das allerdings ein bisschen einseitig naturwissenschaftlich geschrieben ist).