Eleganz in Straßenverkehr und Mathematik


(- - - Ideallinie beim Autorennen)

  "Um Gottes willen, im Folgenden wird ja nie richtig gerechnet."
"Es ist ja auch nur Funktionsgraphenpropädeutik."

Die meisten Raser haben einfach kein Gespür für Eleganz

(zu der ja durchaus auch zügiges Fahren gehört: schneckenhaft langsames Fahren sowie ewiges "Pumpen" [Beschleunigen und wieder zurückfallen bzw. Abbremsen] sind allemal auch nicht elegant;
Vorsicht: "zügig" ist allerdings leider oftmals nur ein Euphemismus für Raserei)
.

Elegant fahren, d.h.

  1. jeden Richtungs- und Spurwechsel frühzeitig mit dem vielen Leuten doch unbekannten Blinker anzuzeigen

(und nebenbei immer erst zu blinken und dann zu bremsen, damit der nachfolgende Verkehr vor zukünftigen Aktionen gewarnt ist, statt vor längst eingeleitete Tatsachen gestellt zu werden);

  1. bei freier (gerader) Strecke konstant dieselbe Geschwindigkeit zu fahren

(statt eben permanent zu "pumpen";
immer dieselbe Geschwindigkeit zu fahren sei langweilig? Autofahren ist sowieso sterbenslangweilig, weshalb viele einen restlos veralteten "Schaltknüppel" brauchen, um überhaupt was zu tun)
.

  1. gegebenenfalls notwendige Beschleunigungs- und Bremsvorgänge sanft zu gestalten

(statt pubertär den Motor aufheulen und die Reifen bzw. die Bremsen quietschen zu lassen).

"sanft" heißt aber mathematisch ausgedrückt:

die Geschwindigkeitskurve sollte nicht "zackig"

 ,

sondern geschwungen ("differenzierbar") sein:

Ebenso sollte das Anhalten "geschwungen" sein: wenn ich mich im Auto oder auf dem Fahrrad einer roten Ampel nähere

(und kein anderes Auto bzw. Fahrrad hinter mir ist),

so versuche ich, das Auto bzw. Fahrrad ohne Bremsen auslaufen zu lassen, bis es ohne jedes spürbare Rucken hält:

Und wenn die Ampel absehbar bald wieder grün werden wird, versuche ich "asymptotisch" auf eine geringe Geschwindigkeit zu kommen, von der aus ich, sobald die Ampel dann tatsächlich grün wird, wieder "geschwungen" beschleunigen kann:

Im Extremfall kann das auf dem Fahrrad bedeuten, dass das Fahrrad bereits steht und ich, um nicht absteigen zu müssen, noch einige Sekunden jonglieren muss:

Oder bei Ortseingangsschildern versuche ich, diese ohne Bremsen, sondern einfach durch Fuß-vom-Gas-Nehmen exakt mit 50 km/h die Ortseingangsschilder zu erreichen:

(Ich verstehe also Verkehrszeichen nicht als [zu ignorierende] Schikanen, sondern eher als Herausforderungen. Für Aufstand gegen staatliche Schikanen gibt es weit bessere Anlässe als den lebensgefährlichen Verkehr!
Und überhaupt steckt hinter all meinem geschilderten Verkehrsverhalten kein [Selbst-]Zwang, sondern schlichtweg Gewohnheit.)

Sogar die Lautstärke- bzw. Motorgeräuschkurve sollte geschwungen statt "gezackt" sein, und wer ein Ohr dafür hat, braucht keinen dieser lächerlichen "sportiven" Drehzahlmesser.

Auch das Schalten/Kuppeln, das vielen Anfängern ja so schwer fällt, ist einerseits eine taktile Angelegenheit

(Gas wegnehmen, die Kupplung tief und lange genug durchtreten, im richtigen Augenblick schalten),

dann aber auch eine akustische: der Motor sollte nicht über- und untertourig laufen

(mit derart aufheulendem Motor [= Brunftschrei] schalten nur

extrem nach vorne gelehnte Spätpubertierende auf ihren Japsen-Schleudern),

sondern die (akustischen) Übergänge sollten geschwungen sein:

(Nebenbei: zwar braucht eine Automatik mehr Benzin als ein guter Fahrer, aber die allermeisten schalten schlechter als eine Automatik.)

Und wie denn wohl fährt man etwa durch folgende Kurve?:

Doch wohl so, dass man

 

(Hier ergibt also die eine geschwungene Linie [die Straßenkurve] die andere [die Geschwindigkeitskurve], und überhaupt sind wir hier verdächtig nahe an der mathematischen "Ableitung".)

  1. möglichst eine sanfte "Ideallinie" einhalten:

 

"Die Ideallinie ist eine gedachte Linie, die auf einer Rennstrecke den schnellstmöglichen Weg beschreibt. Dieser kann allerdings unterschiedlich für verschiedene Fahrzeuge oder Fahrstile sein. Auch verschiedene Abstimmungen (Setups) bedingen manchmal verschiedene schnellste Linien.

Jede Rennstrecke besitzt mehrere charakteristische Ideallinien, auf der die Strecke in Abhängigkeit von den geltenden Rahmenbedingungen in der höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit umfahren werden kann. Zu berücksichtigende Rahmenbedingungen sind vor allem das Setup und der Grip sowie die Strecken- und Wetterverhältnisse, wie etwa Nässe, Trockenheit und Temperatur. So gibt es für keine Rennstrecke eine allgemein gültige Ideallinie, die für jedes Fahrzeug und für jede Witterung gelten würde.

Vereinfacht ausgedrückt ist die Ideallinie die Linie, die unter den gegebenen Verhältnissen am schnellsten durch eine Kurve führt. Dabei kann die Ideallinie einer Kurvenkombination von den Ideallinien der einzelnen Kurven abweichen. Ebenso gibt es für manche Kurventypen auch bei gleichen Bedingungen mehrere mögliche Ideallinien.

Die Ideallinie ist selten der kürzeste Weg durch eine Kurve. Die Strategie der schnellsten Linie ist eher die, den Kurvenradius zu vergrößern und möglichst früh wieder aus der Kurve heraus zu beschleunigen. So wird eine Kurve meist außen angebremst, spät eingelenkt, am Scheitelpunkt (Apex) innen angefahren und dann die Fahrbahnbreite genutzt, um das Auto unter Beschleunigung heraustragen zu lassen."
(Quelle: )

Im öffentlichen Straßenverkehr können Autofahrer sowieso kaum Ideallinien fahren: sie haben in ihrer Spur zu bleiben, die etwa genauso breit ist wir ihr Auto. Ideallinien sind also weitgehend Motorradfahrern vorbehalten

(und so sieht's aus, wenn diese zwecks Ideallinie doch mal die Gegenfahrbahn mitbenutzen: ).

Der Reiz des Motorradfahrens liegt wohl

 

  1. darin, dass ein Motorrad "Cabrio rundum" ist,

  2.  darin, dass es nicht brettplatt auf der Straße liegt, sondern sich geschmeidig in die Kurven legt


               (im Vergleich damit sind Autos behäbige Sofas),

  1. und vor allem in


Kurvenfahrten:

ein Motorrad auf einer pillegraden Straße ist einfach witzlos - es sei denn, man

         (= gut betuchte Orthopäden in der midlife-crisis)

ist Harley-Fahrer:


"Wir sind Blindgänger."

Motorradfahrer tun, was andere nur indirekt aus Filmen oder Computerspielen kennen: Geschwindigkeit.

(Man kann sich über die ewig gleichen Verfolgungsjagden mit anschließenden Feuerball-Explosionen in action-Filmen zu Tode langweilen 

[wieso sind nach

 

überhaupt noch weitere Verfolgungsjagden gedreht worden?], 

man kann aber auch versuchen, dieses Motiv [ansatzweise] zu verstehen:

Geschwindigkeit

[die erst in engen "Korridoren" überdeutlich wird]

ist offensichtlich für viele Menschen enorm faszinierend:


Einen guten Motorradfahrer macht es auch aus, in Kurven immer die "Ideallinie" zu fahren. Dieses "Durch-Kurven-Gleiten" hat aber geradezu seinen ästhetischen Reiz, der sich auch mathematisch fassen lässt: solch eine Ideallinie ist

Der Inbegriff von "schön geschwungen", also "stetig" und "differenzierbar", ist aber die Sinuskurve, und in der Tat habe ich schon oft Motorradfahrer gesehen, die für kurze Zeit wie Skifahrer "wedelten":

Leider werden aber die Begriffe "stetig" und "differenzierbar" in Schulen nie wirklich veranschaulicht, vielleicht auch deshalb, weil (fast) sämtliche in der Schule durchgenommenen Funktionen sowieso stetig und differenzierbar sind.

Schauen wir uns die (einzige?) Ideallinie zuerst an einem ganz einfachen Beispiel, nämlich einem Spurwechsel etwa nach einem Überholvorgang, an

(wobei wir hier von dem überholtem Auto oder nachfolgendem Verkehr absehen):

Das Auto muss also von A nach B kommen, und zwar möglichst, indem

Übertrieben dargestellt:

Sondern ideal wäre etwa Folgendes:

Oder jetzt abstrahiert, also ohne Straße und Auto(s):

,

also fast die gerade Verbindung ∙∙∙∙∙∙∙∙  von A nach B, aber in A und B doch jeweils tangential zu --- bzw. --- .

Kommen wir damit zur Kurvendurchfahrt , wobei hier der Einfachheit halber nur die grüne als Ideallinie betrachtet sei:

"Ideallinie" bedeutet hier also:

  1. tangential an --- im Punkt A,

  2. tangential an --- im Punkt S (= Scheitelpunkt der Kurve ---) , d.h. auch tangential zur Tangente --- dort,

  3. wieder tangential an --- im Punkt B.

Wenn die Kurve nicht wäre, wäre die beste Verbindung natürlich die gerade Verbindung zwischen A und B, also - - - - :

Da das aber wegen der Kurve nicht möglich ist, folgert die Internetseite    sehr schön:

"Der Grundgedanke ist  möglichst gerade durch die Kurve zu kommen."

Und das ist geradezu typisch mathematisch: die Mathematiker können eh nicht mit Krummem umgehen, bzw. wenn, so nur auf dem Umweg über Gerades.

Es ist - nebenbei - eine schöne Veranschaulichung von Ideallinien, wenn man statt der Straße einen durchsichtigen Schlauch nimmt und als Ideallinie durch ihn ein "Rohrreinigungsspirale" zieht:

(Bemerkenswert dabei ist, dass dieses Schlauch-Ideallinien-Modell sogar im Dreidimensionalen funktioniert.)

Um ein "Gefühl" für Ideallinien

(und ganz nebenbei auch für Funktionsgraphen!)

zu entwickeln, kann man beispielsweise

Besonders gelungen daran ist, dass der Spieler die Kurven selbst im Kopf stetig und differenzierbar ergänzen muss:


All das wird viel zu wenig in Fahrschulen beigebracht, bzw. "wehe, wenn sie losgelassen".

Nebenbei:

Wirklich elegant ist, was ich mal über einen Flug nach New York gelesen habe: dass (abgesehen von Start und Landung) eine Münze während des gesamten Flugs seitlich auf der Kante stehen blieb und auch nicht wegrollte (dass man also Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen kaum bemerkt).


Ich schlag mir auf die Schenkel: da lernt man doch glatt

Denn die allermeisten mathematischen Funktionsgraphen sollten eben auch vor allem sanft geschwungen sein:


Man sollte allerdings nicht nur elegant fahren, sondern auch elegante Straßen bauen

(allerdings auch so wenig Naturraum zerstören wie möglich).

Nicht elegant sind so einige Autobahnabfahrten bzw. -übergänge, z.B. das Kasseler Kreuz:

Wenn man von der A 44 (Westen, links) kommt und auf die A 7 Richtung Hannover/Hamburg (Norden, oben) möchte, fährt man

Also nix mit fließendem Übergang bzw. gleichmäßiger (verlässlicher) Krümmung.

Dabei steckt hinter der Frage, wie man zwei Straßen möglichst "gleichmäßig" verbinden kann, ein durchaus interessantes mathematisches Problem (vgl. ).

Nur habe ich was dagegen, ein ursprünglich mathematisches Problem als (Straßen-)"Anwendungs"-Aufgabe zu verpacken. Ich würde doch



Eine in jeder Hinsicht "geschwungene" Fahrweise schont 

  1. Menschenleben,
  2. Nerven,
  3. die Umwelt.