ich beneide andere MathelehrerInnen

 
  1. : wenn ich beispielsweise den ebenso obszönen wie kackendreisten Reichtum von Jeff „Amazon“ Bezos kritisiere, heißt das keineswegs, dass ich neidisch bin, also sein Geld am liebsten für mich selbst hätte, sondern einfach nur, dass sein Geld (das er ja immerhin anderen abgenommen hat) annähernd gerecht verteilt werden sollte.

So viel kann ein Mensch nicht mal annähernd geleistet haben, dass er 100 Milliarden Dollar besitzt.

(Kleine Veranschaulichung: 100 M-i-l-l-i-a-r-d-e-n Dollar in -Scheinen würden etwa 1000 Tonnen wiegen [vgl. ] und wären nur mit solch einem Kran zu heben: )

(Nebenbei: ich bin ja nicht blind für meinen eigenen relativen Reichtum [Oberstudienratspension], aber ich führe ihn immerhin nicht auf meine angeblichen Leistungen zurück, sondern empfinde ihn demütig als un-verdientes Geschenk.) 

  1. Die bodenlos unanständigen Unterstellung von "Sozialneid" und einer "Neiddebatte" ist

(unisono mit )

ein allzu offensichtliches Ablenkungsmanöver all jener, für die es (Leistung?) sich massiv (finanziell!) gelohnt hat, und übersieht (absichtlich oder aus Stumpfheit?), dass sich für viele andere Menschen

(womit ich nicht mich meine)

durchaus harte Leistung nicht lohnt:

     

Beim ganzen Gefasel von „Leistung soll sich wieder lohnen“ wird allzu simpel Erfolg (= Wirkung) auf Leistung (= vermeintliche Ursache) zurückgeführt bzw. durch letztere legitimiert, obwohl Erfolg doch z.B. auch schlicht auf Dreistigkeit beruhen kann.

Es ist sowieso arg billig, „lohnen“ immer nur finanziell zu messen. Vgl. „Gotteslohn = unentgeltlich, ohne etwas für eine Leistung zu erhalten“ (teilweise ironisch für "Ausbeutung").

Aber nichts gegen wütenden Neid, zu dem jemand, der kaum finanziell zurande kommt, gegenüber jemandem empfindet, der im Überfluss10 lebt!

  1. : es gibt laut auch „leistungslose Gewinne“. Ein Beispiel sind da die (wie lange noch?) exorbitanten Mieten in Innenstädten, die viele Vermieter nur deshalb einstreichen können, weil ihre (evtl. geerbten) Immobilien rein zufällig in einer Innenstadt und nicht auf dem platten Land liegen.

Vorweg, damit hier nicht auch nur eine Sekunde lang ein falscher Ton reinkommt oder rausgehört werden kann: ich habe einen Heidenrespekt vor der guten Arbeit, die massenhaft LehrerInnen leisten - und (was ja nichts entschuldigt) schwarze Schafe gibt´s überall.

"ich beneide andere MathelehrerInnen":

Nein, beispielsweise auch oder DeutschlehrerInnen, die es schaffen,

  1. hübsch brav nach Schulbuch oder "Lektürehilfen"

(vg. )

bzw. immer über denselben literarischen Kanon zu unterrichten:

" Homo faber was my first love
  and it will be my last
  Homo faber of the future
  and Homo faber of the past",

  1. Klassenarbeiten durchaus ordentlich, aber doch kurz zu korrigieren

(vgl. - gerade im Fach Deutsch - ;

ich meine das

  • weder selbstmitleidig

  • noch als [wo mich schon sonst keiner lobt] Selbstbeweihräucherung

  • noch [damit mich eben doch mal andere loben] als "fishing vor compliments" [wer Anerkennung aus dem anonymen Internet zu bekommen versucht, ist eh auf dem Holzweg],

sondern rein deskriptiv: die Korrektur einer Schülerklausur ist bei mir nunmal meistens mindestens eine maschinengeschriebene Seite lang,

[weil ich an den Klausuren "schreibend [s.u.] entlangdenken" und eine Art Zwiegespräch mit den SchülerInneN führen muss, statt ihnen nur meine Weisheiten (richtig/falsch) mitzuteilen],

während andere DeutschlehrerInnen oftmals nur knappe Randnotizen machen und einige wenige abschließende Sätze unter Klausuren schreiben.

Nebenbei:

  • "eigentlich" sollte man, wenn man nur Zeit hätte, etwas tun, was weitgehend unüblich ist, nämlich auch Mathearbeiten kommentieren statt nur bepunkten!

  • ein Auszug aus einer meiner Klausurkorrekturen, um zu zeigen, wie das "Entlangdenken" bzw. das "Zwiegespräch" aussehen kann und dass es mehr ist als nur Bewertung:

"[...] Des weiteren erwähnen Sie den „roten Faden“, womit sie den des Gedichts (und nicht Ihren eigenen in einer Klausur) meinen. Das könnte aber echte Probleme geben, da ein Text, auf den Sie ja ebenfalls anspielen, vielfältig hin und her verwoben sein kann. Wie soll man dieses Geflecht bearbeiten und gleichzeitig den roten Faden beibehalten? Geht das nur mit letztlich langweiligen Wiederholungen?
Wohlgemerkt, das sind für mich alles offene Fragen, bzw. ich sehe da ein Problem, für dessen Lösung es kein Patenrezept gibt. [...]"

Klausuren - so ungern ich insgesamt korrigieren - sind also für mich oftmals eine Anregung, weiter zu denken, statt nur mit meinem fixen Wissen zu vergleichen.)

Man wird (hoffentlich) bereits aus "durchaus ordentlich" heraushören, dass ich hier keineswegs die einfach faulen oder phantasielosen Typen meine, sondern jene, die durchaus solide arbeiten, die notorische Arbeitsüberlastung ausgerechnet von aber doch ein wenig dezimieren können.

Es gibt zweifelsohne viele, die auf ähnliche Art wie ich "arbeiten", wenn sie auch nicht an meiner (Schriftsteller-)"Krankheit" leiden, Gedanken erst schreibend (s.u.) entwickeln zu können.

Es gibt sicherlich auch viele, die sehr wohl Gedanken haben, aber diese nicht explizit entwickeln. Und selbst wenn sie ihre Gedanken nicht ausdrücken können, heißt das ja noch lange nicht, dass sie sie nicht haben.

(Es gibt eine seltsame Aphasie gerade unter MathelehrerInneN, die sowieso - im Schnitt - die denkbar unliterarischsten Menschen sind.
Es wundert mich aber auch immer mehr, wie viele [sonstige] erwachsene Menschen regelrecht Angst vom Schreiben haben - vielleicht, weil sie immer noch den Rotstift eines Deutschlehrerblockwarts befürchten?)

Ich rede hier also nicht von .

Wenn ich nun aber zu jenen MathelehrerInneN komme, die ich beneide, so ist der Neid keineswegs verkappte Kritik. Denn viele von ihnen machen zwar einen konventionellen, aber vielleicht gerade deshalb grundsoliden Unterricht.

(Sie verstehen sich oftmals als reine Fachwissenschaftler und leugnen deshalb meist die Notwendigkeit jeglicher pädagogischen Methode - und beherrschen dennoch zwei solche Methoden [die nicht nur schlecht sind!] durchaus gut: den Lehrervortrag und den "fragend-entwickelnden" Unterricht.)

Ich beneide also (ein wenig) folgende Typen von MathelehrerInnen:

eine Vorgehensweise, die ich auch in den neuen zentralen Prüfungen erkenne, und zwar u.a. dann, wenn es für eine Aufgabe nur einen Punkt, also nur richtig oder falsch und nichts dazwischen gibt.

Hier bin ich sogar weniger neidisch, als dass ich diese MathelehrerInnen regelrecht bewundere, und zwar auch, weil darunter - wenn auch "nur" auf Schulniveau und ein bisschen darüber hinaus - viele erstklassige MathematikerInnen sind

(etwa so, wie es früher noch viele LateinlehrerInnen gab, die - wohlgemerkt im freien Vortrag - fließend Latein sprechen konnten).

Es gibt unter diesen - hier noch neutral gemeint: - "Besserwissern" aber auch eine Menge penetranter - jetzt durchaus kritisch gemeint: - Besserwisser, die gleichermaßen MathekollegInnEn, SchülerInnen und auch jeden Laien kleinkariert verbessern, also die manchmal durchaus sinnvolle Genauigkeit gnadenlos übertreiben

(vergleichbar etwa jenen DeutschlehrerInnen, die aber auch wirklich noch die hinterletzte Sonderschreibweise aus dem Duden kennen - und ihren Mitmenschen , wenn diese da Fehler machen, meterdick rot ankreiden).

Und Gnade dir Gott, wenn du

(wie letztens eine Rednerin [Nichtmathematikerin, die eine Statistik vorstellte])

einem Rudel solcher mathematischer Hyänen in die Hände fällst!

Und dann gibt es noch ein machohaftes "Namedropping" ("dropping" mathematischer Begriffe):

ich hatte mal das zweifelhafte Vergnügen, in der Mathe-Fachkonferenz einer anderen Schule zu Besuch zu sein, und was da lief, kann man

(u.a., weil da - wie in der Mathematik ja noch weitgehend üblich - fast nur Männer saßen)

nur als


Aufplustern

und Hahnenkampf bezeichnen:

ein Fachbegriff jagte den anderen, was mich doch anfangs sehr einschüchterte, während mir dann doch schnell klar wurde, dass all das nur geschah, um

Und dann stieß mich eine Lehrerin an und fragte ganz leise: "Sag´ mal, weißt du noch, was das soeben genannte »Horner-Schema« ist?" So etwa nach dem Motto "ist der Ruf erst ruiniert, lebt´s sich gänzlich ungeniert" haben wir beide von da an nur noch über die Kampfhähne geschmunzelt.

(vgl. die entsprechenden DeutschlehrerInnen oben),

und deshalb wohl kaum mehr Vorbereitungszeit brauchen

(wo man ja eh die allermeiste Zeit zum Nachbereiten, sprich: Korrigieren braucht).

Und da gibt´s wohl zwei Ausprägungen:

  1. jene soeben genannten MathelehrerInnen, die den Stoff nach langjähriger Erfahrung in- und auswendig können - während ich ab und zu einen Stoff nicht beherrsche,

  • sei´s, weil ich allzu lange nicht mehr in der entsprechenden Klassenstufe unterrichtet und somit die Details schlicht vergessen habe,

  • sei´s, weil er mir tatsächlich neu ist

(vgl. etwa )

  1. jene MathelehrerInnen, die auch methodisch streng nach Buch vorgehen können, also beispielsweise einen Beweis exakt so behandeln, wie er im Schulbuch steht.

(während ich sämtlichen Schulbüchern misstraue, weil ich nicht glaube, dass sie überhaupt zum Lernen geeignet sind, sondern sie mir nur als Aufgabensammlungen nützlich erscheinen; vgl.   )

Genau da habe ich aber meine größten "Schwierigkeiten":

zwar kann ich beispielsweise den Beweis, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, nicht jederzeit aus dem ärmel schütteln, aber wenn ich ihn dann in der knappen euklidischen Form lese, verstehe ich ihn "natürlich" problemlos.

Aber ich unterstelle dann eben, dass SchülerInnen das in der knappen Form nicht können - und also eine lange "Geschichte" brauchen

(inkl., wieso dieser Beweis überhaupt von Interesse sein könnte und wie man "drauf" kommen kann).

Und dann hilft mir nur eins: langwierig er-schreiben, also überhaupt erst eine Geschichte entwickeln

(... wobei mir vieles auch erst selbst aufgeht).

Vgl. also

Und das ist der Hauptgrund,

weshalb ich mich dumm und dämlich schreibe.

Zwei weitere Gründe für mein Schreiben:

  • nicht die Vor-, sondern die Nachbereitung von Unterricht: um Geglücktes

(und das ist oftmals weniger mein Verdienst als das der SchülerInnen)

festzunageln

(auch zu klären, warum es so gut gelaufen ist: Zufall oder Methode?)

und Probleme für den Fall der Wiederholung aufzuarbeiten

(vgl. etwa - derzeit aktuell - ):

Unterricht ist halt nie fertig, sondern "work in progress",

  • einfach gegen die öde derzeitige schulpolitische Diskussion immer wieder zu zeigen, wie bunt und lebhaft Schule ist - bzw. sein könnte.

PS:

Man wird rausgehört haben, dass es mit meinem Neid nicht weit her ist (wohl aber in oben genannten Fällen mit meiner Bewunderung).