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Es ist schon erstaunlich, wie lange ich gebraucht habe, um zu bemerken, wie oft in der Mathematik um die Ecke gedacht wird, ja dass dieses "Um-die-Ecke-Denken" einer ihrer wesentlichen Bestandteile ist:

(so, wie viele Leute ja gerne die Kreuzworträtsel in der "Zeit" lösen),


"Warum einfach, wenns auch schwierig geht?!"

Das aber ist gerade der Unterschied zu den "Zeit"-Kreuzworträtseln:

(für mich der Grund, weshalb ich sie ungern löse),

  "Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, aber nicht einfacher."

(Albert Einstein)

(Wenn die "Zeit"-Kreuzworträtsel also unter dem Titel "Eckstein" firmieren und damit eindeutig auf Einstein anspielen, so ist das ein grob falsches Verständnis [die Rache des Spießers?] bzw. eine irreführende Unterstellung: dass nämlich auch Einstein [wie überhaupt alle Genies?!] unnötig um die Ecke gedacht habe - etwa so, wie Schriftsteller das, was auch einfach hätte gesagt werden können, angeblich fast schon hinterhältig verblümen.)


Das systematische Um-die-Ecke-Denken war mir bislang nur beim sogenannten "indirekten Beweis" aufgefallen, also dem einzigen Fall, in dem das Um-die-Ecke-Denken ausdrücklich benannt wird:

Z.B. in wird die Irrationalität der auf solch indirektem Weg bewiesen:

(oder weil man bislang überhaupt nur rationale Zahlen kennt)

an, dass

(wobei hier der Existenzbeweis vernachlässigt sei).

Wichtig schon an diesem Beweis ist aber allemal: es gibt keinen einfacheren Weg bzw. keine Direktverbindung ohne Umsteigen:


Wenn man aber erst mal aufmerksam geworden ist, erkennt man das "Um-die-Ecke-Denken" an vielen Stellen in der Mathematik - und zwar durchaus an ganz zentralen Punkten.

Einige Beispiele:

  1. Es fängt schon bei den allseits beliebten Termumformungen an:

Wenn man beispielsweise - (a+b)2 vereinfachen will und darunter oftmals das Beseitigen von Klammern verstanden wird, so muss man merkwürdigerweise zwischendurch für einige Zeit neue Klammern ergänzen:

- (a+b)2 = - [a2 + 2ab + b2] = - a2 - 2ab - b2

Man kommt also - zumindest für einige Zeit - vom Regen in die Traufe bzw. treibt Teufel mit Beelzebub aus.

Und überhaupt muss man da erst mal drauf kommen!

(Immerhin könnte einem

"steht ein Minus vor der Klammer
 dreht sich um der ganze Jammer"

eine Mahnung sein.)

  1. Nachgerade eine der fundamentalen Grundlagen der Mathematik:

Das ist eben nicht so einfach, wie man nach langer Gewöhnung meinen sollte, sondern damit

(und zwar, wenn es um Funktionsgraphen geht)

haben viele SchülerInnen massive Schwierigkeiten.

  1. Sozusagen ein Wurmfortsatz von 2.:

Wie Mathematiker die Symmetrie von Funktionsgraphen beweisen:

(vgl. )

  1. sind oftmals nicht direkt, sondern nur auf dem Umweg über quadratische Ergänzungen lösbar - ein Verfahren, dass fast genauso funktioniert wie die Termumformung in 1.: man muss zwischenzeitlich etwas ergänzen

(nämlich eben die "quadratische Ergänzung", und zwar mit dem Ziel des Binomi vor Augen),

was anfangs noch gar nicht da ist.

  1. Um auf den indirekten Beweis der Irrationalität von zurück zu kommen:

Wurzel und Logarithmus sind

(ist das eigentlich schon mal jemandem aufgefallen?)

sehr ähnlich, werden nämlich beide um die Ecke definiert

(weshalb beide wirklich schwierige Schulstoffe sind!):

(also ist ≈ 1,4142, denn 1,4142 • 1,4142 =  1,99996164 ≈ 2 )

2 a = 1000

(also liegt a  irgendwo zwischen 9 und 10, denn 29 = 512 und 210 = 1024)

Solch eine Argumentation kommt einem vor, als wenn sich da

"Es zählt nur, was hinten raus kommt"
(Helmut Kohl)

... nämlich Scheiße!

Nur ist es mal wieder so: anders als so indirekt sind die Wurzel und der Logarithmus nicht definierbar

(u.a. auch, weil sie irrational [s.o.] sein können, man sie also in Dezimalschreibweise niemals aufschreiben kann).

Und MathematikerInnen machen dann aus der Not eine Tugend:

der Dezimalwert von ist ihnen herzhaft egal, sondern ihnen reicht

(womit sich wunderbar rechnen lässt).

  1. Auch die Anfangsgründe der Differential- und Integralrechnung sind um die Ecke gedacht, ja in diesem Um-die-Ecke-Denken steckt ja gerade die Genialität von Newton bzw. Leibniz:

  1. ein Laie würde doch sagen, dass sich die Tangente an einen krummen Graphen (z.B. eine Parabel)

(wenn er nicht sogar sagen würde: so ungefähr reicht auch)

  1. einE MathematikerIn hingegen würde sagen:

"weil die Tangente weder [genau] zeichen- noch berechenbar ist, gibt es sie vorerst gar nicht

(wieso soll ich mit etwas hantieren, das ich nicht beherrsche?)

sondern ich definiere sie mir überhaupt erst als den Limes der Sekanten."

(Vgl. etwa: "der XY ist das, was ich erreiche, wenn ich den Reklamesatz befolge: »Richtung Norden und dann immer geradeaus«": so gesehen gibt es den Nordpol es also nicht, sondern er entsteht erst durch die Bewegung dorthin.

Oder vielleicht noch treffender: Atlantis gab es vielleicht nie, gibt es nicht und wird es hoffentlich nie geben - aber es entsteht durch alle Geschichten darüber.)

Genauso um die Ecke gedacht ist die Integration:

die Fläche unter einer krummen Kurve wird überhaupt erst definiert als der Limes immer feinerer Rechtecke

(denn merke: mehr als Rechtecke können die MathematikerInnen auch gar nicht, für alles andere sind sie zu blöd; aber auch hier machen sie wieder aus der Not eine Tugend und kommen auf dem Umweg über die Rechtecke eben doch zum Ziel).

Vgl. auch

Spätestens hier wird ein Laie aber doch denken:

  1. MathematikerInnen

(die doch immer als Speerspitze der Intelligenz gelten)

können doch eigentlich erstaunlich wenig, dass sie immer Umwege gehen müssen.

  1. sind MathematikerInnen eine Mischung aus weltfremd-wahnsinnig und selbstherrlich, wenn sie etwas neuerlich definieren


"Gott sprach, es werde Tangente, und es ward Tangente",

was doch sowieso schon existiert.

  1. Haben MathematikerInnen eigentlich keine anderen Probleme?