"Amerika, du hast es besser"
(Johann Wolfgang von Goethe):

in den USA ist - anders als bei uns - der Aufbau der Schulmathematik hübsch klar:

Bei uns in Deutschland enspricht das so etwa

  1. in der Grundschule,

  2. in der Unterstufe des Gymnasiums,

  3. in der Mittelstufe des Gymnasiums,

  4. in der Oberstufe des Gymnasiums,

und es wäre schön, wenn das endlich genauso deutlich würde wie in den USA:

(das heißt, wenn sie

Was nun aber ist eigentlich dieser ominöse "Calculus"

(ein Wort, das es - mit derselben Bedeutung - im Deutschen gar nicht gibt)?:


(Quelle:   )

"Calculus"

Mit "Calculus" ist nach jahrelanger

(ohne einen Blick nach vorne zielloser)

Vorbereitung in der Grundschule sowie der Unter- und Mittelstufe des Gymnasiums endlich erreicht. Damit haben SchülerInnen die wesentlichen mathematischen Denkweisen kennengelernt - und könnten Mathematik studieren


Aus meinem Privatleben bzw. meiner Ehe

(die ansonsten Außenstehende nichts angehen)

sei hier nur so viel verraten:

hatte schon in ihrer Schulzeit ein Null- bzw. sogar Antiverhältnis zur Mathematik

(sie stand in sämtlichen anderen Fächern gut bis sehr gut und hat sich nur in Mathematik einen Hinkefuss erlaubt - und hilft mir dadurch immer, mathematisch desinteressierte oder minder begabte [?] SchülerInnen zu verstehen).

Zudem hat sie wie die allermeisten Menschen, die Mathematik nicht in ihrem Beruf brauchen, nach dem Abitur

(vor immerhin auch schon zig Jahren)

das bißchen Mathematik, das sie überhaupt in der Schule mitbekommen hat, gründlich vergessen bzw. verdrängt

(... womit ich weniger schnöde mathematische Fakten [Regeln] als mathematische Denkweisen meine).

Da war ich dann letztens völlig perplex, als in einem Anfall genialer Umnachtung die folgende Frage aus ihrem Mund hervorquoll:

"Wenn man einen Kreis immer kleiner macht
,
wird er dann zu einem Punkt?"

"Umnachtung", weil

(es schien mir im ersten Augenblick eher, als wenn sich da eine fremde Stimme [ihr "Unterbewusstes"?] ihres Mundes bedient hätte),

 

Gerade weil meine Göttergattin aber

(wie sich da plötzlich zeigte:)

vermeintlich so wenig Ahnung von Mathematik hat, scheint mir ihre Frage im Hinblick auf viele mathematisch scheinbar Unterbelichtete so interessant:

  1. ist die Frage eine rhetorische Frage, und zwar eine höchst merkwürdige, liefert sie doch gleichzeitig die beiden stramm gegensätzlichen Anworten "ja" und "nein" mit:

  2. von wegen "ja": selbstverständlich werden die Kreise beim Engerwerden irgendwann zum Punkt, denn irendwann muss das Engerwerden ja schließlich aufhören;

  3. von wegen "nein": die Kreise werden in alle Ewigkeit enger und enger und enger - und erreichen deshalb nie den Punkt.

Es liegt also ein klassischer "kognitiver Konflikt" vor, der überhaupt erst zu dem Staunen führt, das aus der Frage herauszuhören ist. Das auch deshalb, weil meine Gattin, die gerne laut denkt, die Frage wohl eher an sich als an mich gerichtet hatte.

Der kognitive Konflikt besteht dabei darin, dass

Da kollidieren also zwei Wahrheiten, obwohl es doch (angeblich) nur eine Wahrheit geben kann.

Typisch an dem kognitiven Konflikt ist auch, dass die Argumente aus völlig verschiedenen Quellen stammen:

  1. nämlich aus der alltäglichen Erfahrung: wenn man eine Schlaufe immer enger und enger zieht, hört das irgendwann auf, d.h. es entsteht (irgendwie urplötzlich) ein strammer Knoten;

  2. hingegen ist eher ein abstrakt mathmatisches Problem - oder ein (umgangs-)sprachliches?: die Steigerung von "enger" ist ja wohl "eng / enger / am engsten". Aber was bedeutet der Superlativ "am engsten"?: meinem Verständnis nach doch wohl, dass ein Objekt K1 (hier ein Kreis) näher an einem Objekt P (hier dem Punkt) liegt als alle anderen Objekte K2, K3, K4 ... (alle anderen Kreise). Solch einen engsten Kreis K1  gibt es im vorliegenden Fall aber nicht, sondern immer noch engere Kreise.

  1. beweist die Frage aber - wie schon in 1.b. angedeutet - eben doch erhebliche mathematische Vorkenntnisse - oder vielleicht sogar ein "angeborenes" mathematisches Denken

(denn ich mag kaum glauben, dass mein Ehegespons irgendwas Fundamentales in ihrem seinerzeitigen Matheunterricht gelernt hat):

im Fall b. wird nämlich offensichtlich typisch mathematisch, also gegen jede Alltagserfahrung

gedacht:

nur so passen ja zwischen einen beliebigen Kreis K1 und den Punkt immer noch engere Kreise.

Unendlich dünne Kreislinien und unendlich kleine Punkte gibt's aber nirgends in der Wirklichkeit.

(Die beiden Annahmen "unendlich dünn" und "unendlich klein" sind also ebenso abstrakt [und dennoch erkenntnisfördernd!] wie z.B. die Voraussetzung zur Behauptung Galileis, dass alle [verschieden schweren und unterschiedlich geformten] Körper gleich schnell fallen: die Voraussetzung ist da nämlich "im [absoluten] Vakuum"

[kann man ein nicht-absolutes Vakuum überhaupt Vakuum nennen?],

das es aber nirgends [zumindest auf der Erde] gibt.

Da frage ich mich doch, weshalb der Mensch überhaupt zu solcher Abstraktion fähig ist, wo es Idealzustände

[perfekte Kreise und Punkte sowie ein absolutes Vakuum]

doch nirgends in der Natur gibt

[bzw. wenn es sie gäbe oder gar gibt, könn(t)en wir perfekte Kreise und Punkte wegen ihrer unendlichen "Dünnheit" ja gar nicht sehen].

Platon hat sich da

[immer ein feiner Trick, wenn man nicht weiter weiß]

metaphysisch rausgeredet: wir hätten die Abstraktionen ["Ideen"] vor aller Wahrnehmung, d.h. a priori, mitgegeben bekommen, also beispielsweise schon bei der Geburt von einem Gott. Und allein diese Abstraktionen bzw. Ideen seien real, während alle sonstigen [späteren] Wahrnehmungen nur Blendwerk seien [vgl. das Höhlengleichnis].

Könnte es aber nicht genau umgekehrt sein?: wir können abstrakt denken, weil die Umwelt manchmal eben doch ideal zu sein scheint: so gibt es in der Wirklichkeit zwar keine perfekten Kreise [also überhaupt keine Kreise], aber eben doch Kreise, die uns ideal erscheinen: unsere begrenzten "mesokopischen" Sinne haben also den Vorteil, dass wir Nicht-Perfektes eben doch für perfekt halten, also versehentlich in die Abstraktion schliddern.

Wirklich abstrakt scheint mir, so gesehen, einzig und allein, dass Platon die Existenz idealer Dinge geleugnet hat

[der Durchschnittsmensch käme doch gar nicht auf die Idee (!), einen "guten" Kreis nicht für perfekt zu halten].

Und doch war Platons Abstraktion der Anfang aller Wissenschaft: das scheinbar Selbstverständliche eben doch nicht für selbstverständlich zu halten:

"The safest general characterization of the European philosophical tradition is that it consists of a series of footnotes to Plato."
[A. N. Whitehead])

Wo bzw. wie aber genau hat meine Gattin mit an gerührt?:

Ableitung und Integration sind aber zentrale Elemente der Analysis bzw. Infinitesimalrechnung, also des "Calculus", und damit der Oberstufen-, wenn nicht gar der gesamten Mathematik.

(Vielleicht hat die Mathematik aber mehrere Herzen, nämlich zusätzlich z.B. auch das Herz


Laien berühren also mit ihren nur scheinbar dummen Fragen oftmals

(ohne es zu merken und weiterzudenken)

das Herz der Mathematik bzw. Naturwissenschaften. Nur zwei weitere Beispiele:

  1. ein Schüler (M.Z.) fragte (sich) mal, was eigentlich passieren würde, wenn man einen Lichtstrahl in einer beidseitig verspiegelten Kiste hin- und hersausen lassen würde:

man läßt das Licht links durch ein Tor rein, schließt dieses ganz schnell, und dann wird es an beiden Spiegeln immer wieder

(in alle Ewigkeit)

in die jeweils entgegengesetzte Richtung umgekehrt.

Wie sähe das dann aus, wenn man es von der Seite beobachten würde?:

(wenn man die Lampe nur extrem kurz anschalten würde)

einen einzelnen Punkt, der rasend schnell hin- und hersausen würde?: so schnell, dass man eben gar nichts sehen würde?

(wenn man die Lampe ein bisschen länger anschalten würde)

einen stehenden Strahl, der quer durch die Kiste vom einen zum anderen Spiegel reichen würde?

Normalerweise würde ich bei einem solch simplen Problem sagen: "nicht endlos [und ergebnislos] reden, sondern handeln, also das Experiment tatsächlich durchführen!"

(... obwohl Gedankenexperimente in der Forschungsgeschichte doch einen hohen Stellenwert haben.)

Beim Durchführen des Experiments werden sich aber schnell einige Schwierigkeiten zeigen - womit es nur scheibar simpel ist:

  1. : damit das Licht tatsächlich hin- und hersausen kann, müssen die beiden Spiegel absolut parallel sein, denn sonst "verschwindet" das Licht schnell seitlich und findet das Experiment somit ein allzu frühes Ende;

  2. : damit das Licht hinreichend lange hin- und hersausen kann, müssen wir uns zudem ideale (in der Realität nicht machbare) Spiegel denken (!), also solche, die keinerlei Licht absorbieren, sondern alles Licht vollständig zurückwerfen;

  3. :  um den eingefangenen Lichtpunkt bzw. -strahl überhaupt sehen zu können, müssen wir Nebel in der Kammer erzeugen - und uns dann auch diesen (wie auch die Luft in der Kiste) nicht-absorbierend vorstellen;

  4.  und vor allem aber

(womit sich die Punkte a. bis c. vorweg erledigen):

"du kriegst die Tür nicht [schnell genug] zu!":

das einfallende Licht, das sich ja immerhin mit ca. 300 000 km (!) pro Sekunde (!) bewegt, wurde längst am rechten Spiegel reflektiert und ist dann durch das linke Tor wieder entfleucht, bevor wir dieses Tor schließen können;

oder wir müssten

Beides aber ist, wie Einstein gezeigt hat, unmöglich, womit deutlich wird, dass

(wenn ich's richtig verstanden habe)

das scheinbar simple Experiment dennoch direkt (und doch ungeahnt) in die hochkomplizierte Relativitätstheorie führt:

das kleine Experiment wäre dann ein genauso genialer Einstieg in die Relativitätstheorie wie die (angebliche) Frage des 16jährigen Einstein, die dann sein ganzes Forscherleben motiviert und ausgefüllt hat: was eigentlich passiere, wenn er auf einen Lichtstrahl springe und dann auf diesem "mitreite"?

Was Einstein aber von den meisten Normalsterblichen unterscheidet, ist, dass er

Vgl. zuguerletzt auch, was ich erst nachträglich gefunden habe: